Sehr alte Feldraine – Celtic Fields

Obwohl (oder weil) die Böden im Landkreis Fürstenfeldbruck nicht zu den etragreichsten zählen, finden wir in der Landschaft endlos viele Spuren der Umgestaltung unserer Kulturlandschaft über die Jahrhunderte: Zuletzt die Flurbereinigungen, davor die frühneuzeitliche Wieder-Bewaldung ehemaliger Felder, davor die mittelalterliche Rodung und ihre Hockäcker-Bifänge. Teilweise erkennen wir noch die römische Feldaufteilung.

So ist es doch höchst erstaunlich, dass man heute noch Reste der vorrömischen Landwirtschaft erkennen kann.

Volker Arnold hat aus den LIDAR-Daten kleinster Höhenunterschiede geschickt verstärkt und überzeugend visualisiert. Das Ergebnis ist frappierend.

Volker Arnold: Älter als die Römer: bisher übersehene Spuren einstiger Beackerung unter bayerischen Wäldern. 2020, Forstliche Forschungsberichte München 218, Beiträge zur Forstgeschichte, Festschrift zur Ruhestandsversetzung von LWF-Präsident Olaf Schmidt. www.academia.edu

Ausschnitt der Spuren im westlichen Forstenrieder Park südwestlich von München um den „Eichelgarten“ incl. eines 20-fach (!) überhöhten gemittelten Schnittes. Augenfällig ist die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. angelegte römische Straße mit ihren charakteristischen begleitenden Erdentnahmegruben, die die nordsüdlich bzw. ostwestlich verlaufenden Feldraine deutlich schneidet. [Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung (BVV) aus Volker Arnold: „Älter als die Römer…“. Der Autor hat dazu das Geländemodell mit Unterstützung des Landesdenkmalamtes erworben.]

Man beachte die selbe Stelle auch im BayernAtlas:
https://geoportal.bayern.de/bayernatlas/?lang=de&topic=bvv&bgLayer=atkis&E=681573.95&N=5324573.05&zoom=12&catalogNodes=11,12&layers=relief_t

Die Darstellungsmethode

Detailliert wird die Darstellungsmethode beschrieben in

Volker Arnold: 14C-datierte Celtic-Fields der Dithmarscher Altmoräne

Im Prinzip errechnet er aus den Original-Punktdaten eine eigene Reliefansicht (analog der, die wir im Bayernatlas im \”Bodenrelief\” sehen können) mit sehr flachem Lichteinfall. Darauf kopiert er einen roten Farblayer, der die Höhenabweichung von der Durchschnittshöhe markiert.

Die Äcker

Wir sehen etwas “gschlampert” gebildete Rechtecke. Die schmale Seite ist meist 80 – 90 Meter breit. Einige sind quadratischer, andere länglich. Die Größen variieren stark von 0,2 bis 1,7 ha. Viele scheinen aber rund 1 ha groß. In etwa wird ein Nord-Süd-Raster erkennbar. Meist treffen die Ackergrenzen versetzt aufeinander – aber immer wieder erscheinen längere, durchgehende Linien, an denen sich viele Ackergrenzen orientieren (“Leitwälle” bzw. “Grenzwälle”). Wege sind nicht zu erkennen zwischen den Parzellen – aber mit 10 Meter Breite erfüllen die Feldraine ihren Zweck als Weg genauso.

Bemerkenswert ist, daß archaische Flursysteme weltweit praktisch identisch aussehen. Wer will kann sich durch etliche Beispiele klicken. Oder die Äcker am Wadi Draa bei Zagora in Marokko betrachten, die wie Hobbit-Felder aussehen.

Die Raine und ihre Entstehung

Die heute noch erkennbaren Raine sind nur 10 cm hoch. Zu niedrig, um sie mit bloßem Auge im Wald erkennen zu können. Die Raine sind im Schnitt 10 m breit. Die Äcker waren – übertrieben gesprochen – flache Wannen zwischen den etwas erhöhten Rainen.

Mehrhundertjähriges kreuzweises Pflügen mit dem Hakenpflug in immer den gleichen Parzellen führt zur Ausbildung der flachen Wälle. [Man hat also bei jedem Pflügen immer ein winziges bißchen Erde auf den Feldrain hochgepflügt, wo er sich dann verteilte? Oder wurde aus den zeitweise offen liegenden Erdflächen trockene Erde vom Wind verfrachtet? Hier fehlt noch ein plastisches, einleuchtendes Modell.]

Wer auch immer die “Celtic Fields” erschaffen hat: Er hat die schwäbischen Gebiete westlich des Lechs gemieden. Auch östlich und nordöstlich Münchens fand man bislang keine solche Strukturen. Im Prinzip findet man die “Celtic Fields” in den ähnlichen Gunstgebieten, in denen schon die Neolithiker bevorzugt ackerten – aber eben nicht durchgehend: Die später slawisch besiedelten Teile Ostbayerns scheinen z. B. fundleer.

Die Datierung

Die Darstellung oben zeigt:

  • Die Parzellierung ist älter, als die A95, die die Parzellen diagonal durchschneidet.
  • Die Parzellierung ist älter, als die mittelalterlichen Wölbäcker/Hochäcker (was man auf anderen Aufnahmen erkennen kann)
  • Die Parzellierung ist älter, als die Römerstraße Salzburg-Augsburg, die die Parzellen auf dem Bild oben auch durchschneidet.
  • Allerdings gibt es Beispiele (Moosau im Köschinger Forst), in denen (Latène-zeitliche) Viereckschanzen Bezug nehmen auf die Feldraine. (450 v. Chr. bis ~ Christi Geburt).
  • Die hallstattzeitlichen Hügelgräber (800 – 450 v. Chr.) scheinen die Feldraine aber zu ignorieren. Das könnte heißen, daß es Parzellen schon vorher gab. Oder man hat die Hügelgräber aber einigermaßen brutal im Ackerland aufgehäuft.

Tatsächlich ist das Alter dieser Parzellen nicht sicher datiert. Die C14-Datierung von Holzkohle und anderen organischen Resten vom Grund der Feldraine in Norddeutschland erbrachte sehr unterschiedliche Datierungen: Von 2134-1833 BC (Spätneolithikum) über 1861-1613 Jahre BC (frühe Bronzezeit) bis 720-950 AD (Frühmittelalter).

“Celtic Fields” im Landkreis Fürstenfeldbruck

Vorrömische Äcker kann man nur auf Flächen finden, die heute Wald sind. Der Landkreis FFB ist waldarm, fast überall fahren hier tiefgründige Pflüge über die Flächen und hinterlassen perfekt geglätteten Boden. Und in den Wäldern finden wir fast durchgehend die mittelalterlichen Wölbäcker/Hochäcker, die jede Vorgängerstruktur zerstört haben – wenn es sie gab.
Zudem scheinen in unseren Wäldern besonders schwerere Geräte unterwegs zu sein. Im Gegensatz zu den Wäldern in anderen Landkreisen findet man bei uns besonders ausgeprägte Fahrspuren von LKWs, Harvestern und Traktoren. Das stört natürlich die kaum ausgeprägten \”Celtic Fields\”-Raine.

Dünzelbach-Leinbühl

Und doch: Es gibt sie! Beim Leinbühl-Wäldchen nahe 82272 Dünzelbach (Moorenweis) finde man dieses Geländerelief:

„Celtic Fields“ bei 82272 Dünzelbach (Moorenweis) im Leinbühl. [Quelle: BayernAtlas, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung“, Abdruckgenehmigung Nr. 2104-6308]

Weitere Beispiele im Landkreis Fürstenfeldbruck

Volker Arnold hat über 300 Beispiele aus Bayern zusammengetragen, bei denen zumindest ein starker Verdacht besteht, daß hier “Celtic Fields” vorliegen. Einige davon liegen im Landkreis Fürstenfeldbruck. (In den Nachbarkreisen finden sich auch ein paar, wie in Gilching, Gauting, Feldafing, Inning-Osterholz (nicht mit dem BayernAtlas nachvollziehbar) etc.)

  • 82256 Fürstenfeldbruck-Rothschwaiger Forst
    Westlich der B471 liegt der Rothschwaiger Forst, diagonal durchzogen vom Landsberieder Steig. Die gesamte Waldfläche bis zum Schloßberg-Höhenzug ist eine durchgehende \”Celtic Fields\”-Fläche. Das läßt sich mit dem Geländerelief im BayernAtlas nicht einmal erahnen. Aus den Original-Reliefdaten gerechnet treten die Feldraine aber deutlich hervor. Einges davon wird nun im Kiesabbau verschwinden.
    Im östlichen Teil (anschließend an die Hügelgräber) liegen die Felder markant in einem Nord-Süd-Raster. Weiter westlich ändert sich die Orientierung zu einem diagonalen Raster. Das erstaunliche ist, daß der Weg, der zu dem berüchtigt steilen Hohlweg auf den Schloßberg führt, exakt in das \”Celtic-Field\”-Feldrainraster paßt. Hier könnte also ein sehr alter Altweg vorliegen. Dieser Spur sollten wir unbedingt nachgehen!
  • 82287 Landsberied-Schöngeisinger Wald
    Im Anschluß an die Rothschwaiger Forst-Flächen schließen sich die Flächen westlich und nördlich der Römerstraße zwischen Landsberied und Schöngeising an.
    Das ist ein weiterer Hinweis darauf, daß die Römerstraße schon vor den Römern bestand. Allerdings liegt hier kein gerechnetes, überhöhtes Reliefbild vor. So kann man die Feldraine nur in einiger Entfernung zur Römerstraße erkennen, wo sie weitgehend in einem Nord-Süd-Raster verlaufen – also keinen Bezug nehmen auf die diagonal nach Nord-West verlaufende Römerstraße nehmen. Gerade hier wäre gerechnetes Reliefbild wünschenswert.
  • 82284 Grafrath-Meringer Wald
    Im Bereich der vielen Hügelgräber meint Volker Arnold solche Strukturen zu erkennen. Das ist aber bestenfalls sehr schwach ausgeprägt.
  • 82284 Wildenroth (Grafrath)-Brunnleiten
    Im Süden des Wälchens meint Volker Arnold solche Strukturen zu erkennen. Das ist aber bestenfalls sehr schwach ausgeprägt.
  • 82287 Jesenwang-Wessobrunner Holz/Hofer Wald/Eich-Holz
    Hier meint man an ein paar Stellen einige sehr zarte Nord-Süd-Strukturen quer zu den markanten diagonal verlaufenden Hochäckern zu erkennen.

2 Kommentare zu „Sehr alte Feldraine – Celtic Fields“

  1. Pingback: Veröffentlichungsrechte im BayernAtlas – Altwege im Landkreis Fürstenfeldbruck

  2. Pingback: „Celtic-Fields“ im Eichelgarten und bei Weipertshausen – Altwege im Landkreis Fürstenfeldbruck

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