Römisches Postwesen

Marienkirche (Maria Saal) . Quelle Wikipedia Rollroboter

Der Transport von Nachrichten war eine der Motivationen für den Straßenbau der Römer.

E. Kornemann: Postwesen; in: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, 1953, S. 988 ff.

hat dazu eine Abhandlung verfaßt. Das Wesentliche daraus sei hier wiedergegeben:

Die Entwicklung des römischen Postdienstes

Die Römer haben das Postwesen mit Kutschenstafetten von den Persern übernommen, die es bereits bei den alten Ägyptern eingeführt hatten.

Nachrichten wurden nicht von reitenden Boten, sondern in Kutschen (“iumenta”) mit Maultieren transportiert. [S. 995, zitiert Livius XLII 1 vom J. 173 v. Chr.).

Anfangs bestand das Postwesen aus Freibriefen, die es dem Adel gestatteten, Kutschen zu requieren [S. 995]. Cäsar (bis 44 v. Chr.) und vor allem Augustus (31 v. Chr. – 14 n. Chr.) haben dann – von Ägypten inspiriert – einen regulären Postbetrieb eingeführt. Sozusagen die Postminister hießen “slatores” [S. 996].
Post- und Transportwesen hat man kombiniert (“cursus publicus”) und Kutschen (“vehicula”) eingesetzt. Die Poststellen mußte die Bevölkerung der anliegenden Orte finanzieren [S. 997]. [Das heißt: Die Besitzer der Villae rund um Schöngeising haben Pferde und Futter der Schöngeisinger Poststation bezahlt.] In Italien gab es bald so viele Straßen, daß die Anwohner finanziell überfordert waren – hier hat der Staat dann die Finanzierung übernommen [S. 997].

Trajan (98 – 117 n. Chr.) hat die Nutzung des Post- und Reisedienstes (“cursus publicus”) eingeschränkt, um die Anwohner finanziell zu entlasten: Nur er selbst durfte Nutzungsscheine (“diplomata”) ausstellen [S. 997]. Er führte auch Strecken-Postdirektoren ein (“praefecti vehiculorum”) und vermutlich Stationsvorsteher (“mancipes”) [S. 998].

Diocletian (284 – 305 n. Chr.) hat neben der bisherigen Schnellpost die langsamere Lasten- und Güterpost (“cursus clavularis”) eingeführt [S. 999]. Davor konnten die Bevollmächtigten offenbar für Lastentransporte Kutschen requirieren – jetzt galten die Regeln der Post. Auf Nebenstrecken blieb es aber beim spontanen Requirieren.

Unter Constantin I. (306 – 337 n. Chr.) nutzen wieder so viele Bürger den Postdienst, daß selbst sein Sohn “nur mit Mühe einige zwanzig Zugtiere aufzutreiben vermochte” [S. 999, zitiert Cod. Theod. VIII 5, 3].

Im Prinzip litt der Postdienst durchgehend an der Finanzierung: Der Staat wollte nicht zahlen und konnte am Schluß auch nicht mehr – die Bürger beliebig zu belasten führte zu Aufruhr und Unmut, was für einen römischen Kaiser gefährlich war.

Leo I. (457 – 474) hat den Lastenverkehr dann eingestellt.

Justinian I (527 – 565 n. Chr.) hat in Ostrom alle Wechselstationen (“mutationes”) aufgehoben und Esel statt Pferden eingesetzt [das war also wirklich drastische Sparaktion] [S. 1001].

Die Nutzung des römischen Postdienstes

Nur mit einem Erlaubnisschein aus Papyrus [S. 1003] durften die Briefträger (“tabellarii “) den Postdienst nutzen. Daher hießen sie auch tabellarii diplomari. Später wurde statt des “Diploms” eine Erkennungsmarke (“tessera”) hergezeigt, wie bei einem Krimikommisar [S. 1002]. Ein diplomierter Briefträger konnte Lasttiere und Futter requirieren und hatte Anspruch auf ein Quartier.

Für jede Poststation gab es eine Briefträgervereinigung mit einem optio an der Spitze [S. 1002].

Die Pensionen und Wechselstationen

In Städten entlang der Straße lagen die Pensionen zum Übernachten (“mansiones“). (Nur in sehr dünn besiedelten Gebieten gab es mal eine Pension auf freiem Feld.) [S. 1003] Durchaus auch zwischen Städten konnten die Wechselstationen (“mutationes“) liegen.

Eine Tagesetappe betrug 18 – 38 Meilen (“milia passuum”), im Schnitt also 25 Meilen = 37 km. Im “Itinerarium Provinciarum Antonini Augusti” kommen zwar auch Etappen mit 50 Meilen vor, aber der Normabstand zwischen zwei Pensionen betrug 25 Meilen. [S. 1004].
Zwischen zwei Pension gab es mindestens zwei Wechselstationen (im Schnitt alle 8 1/3 Meilen. Ein berittener Schnellkurier übersprang eine Pension und schaffte 50 Meilen und mehr am Tag ritten – und dabei 5 bis 8 mal das Pferd wechselten [S. 1004].

Eine Pension bot entweder selbst Quartiere für die Reisenden oder der Briefträger mußte ein Privatzimmer nehmen; die Bevölkerung war zur Zimmergewährung verpflichtet. An den Hauptrouten gab es noch spezielle Herbergen (“palatia”) für das Kaiserhaus.

Die Zugtiere

Ab Diocletian – als der Lastenverkehr hinzukam – verfügte eine Wechselstation über etwa 40 Zug- und Reittiere [S. 1005]. Jährlich mußten 10 verschlissene Tiere ausgetauscht werden, die die Bevölkerung stellen mußte.

  • Die Lasten-Zugtiere waren Ochsen; immer 2 Ochsen spannte man vor einen der Wägen, die nach Fahrplan verkehrten (“cursus clavularis”) [S. 1005]. Auf diesen Lastwägen war nur Platz für kleines Stückgut (ähnlich einem DHL-Transporter). Auf den Lastwägen konnten auch (berechtigte) Reisende mitfahren [S. 1005].
  • Die Schnell-Zugtiere waren Maulesel (Pferde wurden nur zum Reiten oder als Beipferde verwendet). Ein Schnellwagen im “cursus velox” konnte mit maximal 1000 Pfund beladen werden. Auf ein Beipferd packte man ggf. weitere 100 Pfund. (Ein Reiter konnte nur 30 Pfund transportieren.)

Die Finanzierung

Die Gebäude (und ggf. die Privatzimmer) und die Tiere mußte die Bevölkerung stellen [S. 1006] . Auch den Pensions- und Wechselstationsvorsteher mußte das Umland stellen – für jeweils 3 Jahre [S. 1008]. Die Heulieferungen bezahlte der Staat. Eine Straße in der Nähe war für den Bauern also eine echte finanzielle Belastung. Andererseits konnte der Bauer so auch seine Produkte einfach verkaufen und abtransportieren lassen, was zumindest im 6. Jahrhundert so gesehen wurden [S. 1006].

Die Pensionen entwickelten sich zu einem Finanzamt, wo man seine Steuer in Naturalien abliefern konnte. Daher gab es dort auch immer einen Satz Hohlmaße und Gewichte [S. 1006].

Die Verwaltung

Die Kaiser ließen es sich nicht nehmen persönlich die Oberaufsicht zu behalten [S. 1003]. Ein Grund kann sein, daß schon Hadrian (117 – 138 n. Chr.) Kuriere (“frumentarii”) als Spitzel nutzte, wodurch über die Zeit eine Geheimpolizei im Postdienst entstand [S. 998]. Der Kaiser delegierte die Aufsicht auf einen Kommandeur der Gardetruppen (“praefectus praetorio”) [S. 1006]. Als diese Präfekten zu kaiser-unabhängigen Herrschern ihrer Gebiete wurden, richtete Konstantin I. ersatzweise einen Postminister in Rom ein (“magister officiorum”). Darunter gab es die reisenden Postdirektoren im Außendienst (“praefecti vehiculorum”) [S. 1007].

Das Personal

Eine Wechselstation bestand aus

  • einem Leiter (“mancipes”) aus dem Kreis der städtischen Decurionen
  • ????

Eine Pension bestand aus [S. 1008]:

  • 1 Leiter (“mancipes”) aus dem Kreis der städtischen Decurionen
  • Polizeidienern (“staionarii”)
  • mind. 1 Tierarzt (“mulomedicus”)
  • 12 Pferdepflegern (“hippocomi”), Maulesenknechten (“muliones”)
  • 1 Stellmacher (“carpentarius”) für die Wagen

Die Schiffspost

Der Lastverkehr wurde, wo immer möglich, durch Schiffe auf Flüssen und Küsten abgewickelt [S. 1009].

Die Geschwindigkeit

Vor Diocletian (284 – 305 n. Chr.) schaffte ein Bote eine Tagesetappe von selten mehr als 60 – 75 km (es konnten aber auch einmal fast 200 km sein) [S. 1010]. Caesar (bis 44 v. Chr.) reiste mit Mietkutschen (die eigentlich seine Schlafwägen waren) im Schnitt 150 km am Tag [S. 1011]

Das geordnete System der Wechselstationen ab Augustus (31 v. Chr. – 14 n. Chr.) beschleunigte den Posttransport auf im Schnitt 180 km pro Tag – in Einzelfällen auch bedeutend schneller [S. 1013]. (Der Postdienst vor der Nutzung der Eisenbahn erreichte 370 km pro Tag – der Postdienst wurde also immer weiter beschleunigt.)

2 Kommentare zu „Römisches Postwesen“

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