Reiseführer von 1863

In dem ausgesprochen praktisch gestalteten Reiseführer

Dr. G. R. Nagler: “Acht Tage in München – Wegweiser für Fremde und Einheimische”; Georg-Franz-Verlag, München, 1863 (neu verlegt Carl-Gerber-Verlag, München, 1983)

werden auch Ausflugstipps ins Umland weitergegeben. Ein Ausflug führt in den Landkreis Fürstenfeldbruck. Bemerkenswert ist das enorme Interesse an römischen und anderen Bodendenkmälern bereits vor 150 Jahren. (In dieser Tradition erforschen wir ja heute auch die Altwege.) Und man sieht die touristische Nutzung der Eisenbahn und der Dorfverbindungsstraßen. Daher will ich das Kapitel hier wiedergeben (Seiten 209 ff):

Fürstenfeld-Bruck, Grafrath, Ammersee, Hohen-Peissenberg u. s. w., oder Seefeld, Andechs, Starnberg.
Auf der München-Augsburger Bahn nach Maisach, der vierten Station, gelangt man von da aus südwärts durch den Wald nach dem Markte Bruck im Amperthal, welcher der erfrischenden Flußbäder u. der schönen Umgebung wegen sehr besucht wird. Am andern Ufer des Flusses liegt die ehemalige Cisterzienser-Abtei Fürstenfeld, an welche sich die Erinnerung an Ludwig den Strengen und seinen Sohn Ludwig den Bayer knüpft. Ersterer gelobte nach der Hinrichtung seiner Gemahlin 1256 ein Kloster, welches anfangs bei Olching von Holz erbaut war. Im Jahre 1263 wählten die Mönche den Grund des jetzigen Klosters, doch setzte sie Ludwig der Strenge erst 1270 in den Stand, das Kloster und die Kirche von Stein zu erbauen. Ludwig der Bayer dotirte das Stift reichlich; nach dem bei Puech erfolgten plötzlichen Tod des Kaisers (1347) fand aber seine Leiche keine Aufnahme im Kloster. Das jetzige Gebäude mit der Kirche, seit der Säkularisation Invaliden-Anstalt, wurde 1690 nach dem Plane des Architekten Viscardi erbaut. König Maximilian I. ließ dem Kaiser Ludwig auf der Kaiserwiese bei Puech ein Monument setzen.

Von Fürstenfeld-Bruck setzt man den Weg durch das Amperthal fort nach Schöngeising, dem römischen Ad ambre nach Wildenroth, und dann nach Grafrath (Rassonis Monasterium 954), mit einem Franziskaner-Hospitium und einer Wallfahrts-Kirche, in welcher seit 1468 die Ueberreste des hl. Rasso (Grafrath, gest. 954) ruhen. Der Denkstein ist aus jener Zeit, und nach dem vorhandenen Maße der Körperlänge war St. Rasso ein Riese. Von hier aus wird Inning, oder Schloß Greifenberg (mit Bad) besucht, wenn der Ammersee das Ziel der Reise ist. Ueber Oberwindach, an Greifenberg vorbei, zog der alte Römerweg nach Schondorf am See, und von da nach Utting, in dessen Nähe eine römische Schanze von 5 1/2 Tagwerk sich befindet. Die seitwärts bei Endraching liegende Schanze hat den Namen Römersberg. Durch das Römerthal ging die Straße nach Diessen (Diezen 815), und von da über Raisting (Raistingun 776) nach Pöhl. Wer diesen Weg verfolgt, sucht über Diessen und Wessobrunn (Wezzinesbrunn 753) den Peissenberg zu erreichen, und kann von da aus über Murnau nach dem Staffelsee (Staffalastagna 740) und dem Kochelsee gelangen, welcher nur durch den Kesselberg von dem romantischen Walchensee getrennt ist.

Wer seinen Weg nicht so weit ausdehnen, und das malerisch gelegene Seefeld besuchen will, fährt über den See nach Ried, wo bald der Pilsensee vor seinem Blicke liegt, welchen er vom hochliegenden Seefeld aus noch besser überschaut. Durch den Park von Seefeld kommt man auf die Berghöhe, welche Andechs (Andehsi) krönt, von dessen Klostergebäude aus eine herrliche Aussicht über den Ammersee sich öffnet. Das Kloster auf dem heiligen Berg, und die Kirche mit den vielen Reliquien, welche Graf Rasso (Grafrath) aus dem Morgenlande mitbrachte, ließ Herzog Ernst I. im Jahre 1438 erbauen, und er benützte dazu die Trümmer des Schlosses der mächtigen Grafen von Andechs. Beim großen Brande von 1669 ging aber Kloster und Kirche zu Grunde. der Neubau war 1674 vollendet. Im Jahre 1846 wurde das Kloster der Benediktinern von St. Bonifaz in München eingeräumt.

Von Andechs aus kann man einen malerischen Fußweg nach Starnberg wählen, wo der Dampfwagen die Heimkehr nach München beschleunigt.

Den Weg von Maisach nach Bruck gibt es heute nicht mehr. Es war die Alte Brucker Str. in Maisach und dann quer über Luftwaffen-Flughafen zum Sommerkellerweg in Bruck zur Maisacher Str.

Interessant ist die Beschreibung einer Römerstraße westlich des Ammersees.

Quelle: Google Maps, 2019 GeoBasis-DE/BKG

Das wäre eine beachtliche Wanderung, die man nur geübten Wanderern empfehlen kann. “Oberwindach” ist das heutige “86949 Windach”. Die Bodendenkmalskarte läßt die Römerstraße von Windach über Steinebach, Achselschwang, Rieden, Riederau verlaufen. Also deutlich weiter westlich, als sie der Autor im Jahre 1863 vermutete. (Allerdings kann die genannte “römische Schanze” die latènezeitliche Viereckschanze zwischen Achselschwang und Utting sein – und dann war er doch auf der richtigen Spur. Die hatte allerdings den Flurnamen “Auf der Schanz”. Eine weitere ist näher bei Entraching nahe Hängeberg – dort ist gar kein Flurname vermerkt.) Das genannte “Römerthal” ist das heutige “Romenthal” (“Rumenthal” in der Uraufnahme – ein Einzelgehöft) bei St. Alban. Ab da verläuft sie wie oben beschrieben – trifft aber in Wielenbach auf die Römerstraße Gauting-Pähl. Am Südende des Ammersees gibt es aber wirklich verwirrend viele Römerstraßen-Bruchstücke.

Wie so oft bei frühen Reiseführern und Reisebeschreibungen: Man frägt sich, wie die Touristen überhaupt ihre Ziele gefunden haben bei den mißverständlichen Angaben. Vermutlich haben sie einen ortskundigen Fahrer geschnappt und sich hinkutschieren lassen.

1 Kommentar zu „Reiseführer von 1863“

  1. Pingback: Römerstraßen bei Gilching und Schöngeising – Altwege im Landkreis Fürstenfeldbruck

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