Neues von der Römerstraße

Corona schenkte uns zwei allgemein zugängliche Videovorträge über die letzten archäologischen Funde in Schwaben (die den ausgefallenen “Schwäbischen Archäologentag” ersetzen mußten).

Frau Dr. Ruth Sandner berichtet dabei auch über neue Funde an der Römerstraße Salzburg-Augsburg. Zwar liegt das in 86415 Mering (Landkreis Aichach-Friedberg). Aber trotzdem geht es um \”unsere\” Römerstraße und es wurden ganz interessante Ergebnisse für die Altwegesuche ans Licht gebracht.

Ein Gewerbegebiet entstand im Eck B2/Bahnlinie (Bertha-Benz-Straße und Otto-Hahn-Bogen) und daher mußte die Fläche archäologisch untersucht werden. Das liegt übrigens gar nicht weit vom Mandichosee, der auch aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck ein beliebtes Radlziel ist.

rot umrandet: Verlauf der Römerstraße Salzburg-Augsburg.
gelbe Pfeile: Hier kann man die Bewuchsbeeinträchtigung durch die Kiesdecke der Römerstraße im Satellitenbild sehen.
Weiße Verlaufsfläche: Grabungsgebiet, über das hier berichtet wird.
[Quelle: Google-Earth, Bildaufnahmedatum 14.10.2017]

Breite und Dicke der Straße

Der Straßenverlauf der Römerstraße wurde bei der Grabung auf einer Länge von 430 Metern erfaßt. Davon wurden 190 zusammenhängende Meter des Kieskörpers der Römerstraße dokumentiert incl. der Straßenbegleitgräben. Der Kieskörper war in Summe 12 Meter breit und 30 cm hoch [Minute 1:46]. Unter der Kiesschicht haben die Erbauer die Erde (Planieschicht) abgetragen und planiert.

Zum Vergleich: Die selbe Straße läuft auch durch Schöngeising, wo Rudolf Krallinger am 03./05.10.1953 einen Schnitt gemacht hat. Er spricht in seinem Bericht von einer vorgefundenen “gewölbten Krone von etwa 5, 5 bis 6 m Breite” und “etwa eineinhalbmaligen Böschungen auf beiden Seiten” (das ist kryptisch. Meint er eine Böschung von je 9 Metern? Aus seiner Zeichnung sind Böschungsbreiten von je 0,8 Metern abmeßbar). In seiner Zeichnung gibt er 5,8 Meter Straßenbreite an. Da er da noch nichts von der Amperbrücke in Schöngeising wußte nahm er einen um 30 ° gedrehten Straßenverlauf an, so daß wir seine Messungen korrigieren müssen. Somit war der Damm der Römerstraße in Schöngeising zwischen 4,8 und 5,2 Meter breit mit anschließenden Kiesböschungen von jeweils 0,7 Metern – die Gesamtbreite des Kieskörpers betrug also 6,2 – 6,6 Metern. (Und damit nur halb so breit, wie die selbe Römerstraße bei Mering!) Aus der Zeichnung Rudolf Krallingers (Abb. 7, Profil AB) kann man eine Dicke des Kieskörpers von 30 cm herauslesen, was der Dicke bei Mering entspricht.
Der Historische Verein Fürstenfeldbruck hat am 11.-13.04.2002 zwei Schnitte durch diese Römerstraße an der Willibaldskirche bei Jesenwang gemacht. Leider läßt sich im Internet kein Grabungsbericht dazu finden. Der Freundeskreis St. Willibald gibt diese Maße auf seiner Webseite an: Dammhöhe 44 cm, Straßenbreite 7,2 Meter (ob mit oder ohne Böschung gerechnet wird nicht erwähnt). Straßengräben wurden hier nicht gefunden.
Es soll auch mal ein Schnitt bei Adelshofen (?) gemacht worden sein – dazu ist aber keine Information zu finden.

St. Willibald bei Jesenwang mit dem Lackprofil von 2003.

An einigen Stellen war der Straßenaufbau in Mering komplizierter [Minute 2:31], da sie dort 3 mal ausgebessert wurde (mit Aufschüttungen) auf 1,10 Metern Höhe, weil die Straße da abgeschwemmt wurde.

Neuentdeckte Seitenstraße

Überraschenderweise fand man 200 Meter einer Seitenstraße der bekannten Römerstraße, die knapp nördlich der ST2380/Friedenaustraße senkrecht von der Römerstraße nach Osten abzweigte [Minute 5:00]. Erkennbar waren vor allem die begleitenden Gräben in Abständen von 7,80 bzw. 8,20 Metern.

rot: Verlauf der Römerstraße Salzburg-Augsburg.
gelb: Neu entdeckte römische Seitenstraße. (Westlich könnte sie sich Richtung Meringer Hochgericht fortsetzen.)
[Quelle: Google-Earth, Bildaufnahmedatum 14.10.2017]

[Südwestlich und nördlich von Mering sind weitere alte Straßentrassen ohne Verbindung zur Römerstraße. Und 6 km weiter südlich verzweigt sich die Römerstraße noch westlich von Steindorf. Die Gegend um Mering scheint früher ein Verkehrsknoten gewesen zu sein.]

Funde

Neben dem Graben kamen Metalldetektoren zum Einsatz. Sie erbrachten Münzen [Minute 6:00] von

  • Marc Aurel (161 – 180 n. Chr.)
  • Flavius Iulius Constantinus (353 – 361 n. Chr.)

Dazu diverses metallenes Reitzubehör, Beschläge etc.

Auch in der Hallstattzeit und im Mittelalter kamen Menschen vorbei und verloren Metall.

Zwei mittelalterliche Skelette

An der Kreuzung der beiden Straßen fand man zwei hochmittelalterliche Skelette deren Hände am Rücken fixiert waren [Minute 7:30]. Wurden hier also zwei hingerichtete Gefangene verscharrt?

Es kann sein, daß die neu entdeckte Straße in der Verlängerung 1,5 km zum Meringer/Möringer Hochgericht führte (ab 7. – 8. Jhr. bis 1803) [Minute 8:30].
[Tatsächlich sieht man auf der Uraufnahme ein sehr eigenartig geformtes Flurstück von Hof 106, das eigentlich die Fortsetzung des entdeckten Weges sein könnte. Dieser Weg trifft aber 330 Meter nördlich der Hochgerichtsstätte auf den \”Galgenbach\” bzw. \”Verlorener Bach\”. Den Weg gab es sicher. Aber der eigentliche Weg von Mering zum Hochgericht dürfte das Flurstück gewesen sein, das in der Uraufnahme mit \”gemeind.l.\” bezeichnet ist und die heutige St 2030 darstellt.
In Nord-Süd-Richtung fließt am ehemaligen Meringer Hochgericht der Galgenbach vorbei und ein Schild dort besagt: \”… am Westufer des Galgenbaches wahrscheinlich schon ab dem 8. Jahrhundert [stand hier] der Meringer Galgen, das Hochgericht. 1803 nach etwa 1000 Jahren, kam das Gericht zur Auflösung. Der Maleficant und Raubmörder Micahel Weyller wurde 1748 als letzter hier hingerichtet und gevierteilt. Die Vollstreckung soll 10000 Neugierige angelockt haben. Bei der Begradigung des Galgenbaches, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wurde der Hügel auf dem der Galgen stand, eingeebnet.\”
Ab dem 13./14. Jahrhundert wurde nicht mehr im Freien Gericht gehalten, sondern im Haus des Amtmanns in der heutigen Amtmannstraße.]

Bedeutung für die Altwegeforschung

Wir haben mal wieder Meßdaten über die Größe einer Römerstraße erhalten.

Spannend ist aber, daß von der Römerstraße gut ausgebaute Nebenstraßen abzweigen können, die auf keinem Satellitenbild oder Reliefbild erahnbar sind.
Aber: Die Flurkartenanalyse hätte die Archäologen gleich auf die Spur bringen können. Eine durchgehende lineare Struktur in der Uraufnahme, wie dort, hätte von vornherein auf eine alte Straßentrasse hingedeutet. Daß diese Straße gleich römisch war, ist natürlich überraschend.

Rot: Die bekannte Römerstraße Salzburg-Augsburg
Gelb: Die neu entdeckte Trasse
[Quelle: Uraufnahme, BayernAtlas, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege]

1 Kommentar zu „Neues von der Römerstraße“

  1. Zu dem Bericht von Krallinger: „etwa eineinhalbmaligen Böschungen auf beiden Seiten“ (das ist kryptisch…. :

    Ich könnte mir vorstellen dass hier eine Böschungsneigung von 1:1,5 gemeint ist. Dieses Verhältnis ist heute im Straßenbau noch üblich und heißt dass die Breite der Böschung “eineinhalbmalig” der Höhe der Böschung entspricht.

    Viele Grüße
    Robert Schrock

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