Münchner Berg bei Bruck

(von Ulrich Bähr, Fritz Aneder, Klaus Köppe)

Zusammenfassung

Der wohl schon seit dem Mittelalter unveränderte Straßenverlauf der heutigen B2 vor Fürstenfeldbruck wurde um 1900 am Münchner Berg verändert. Reste des alten Verlaufs sind noch sichtbar.

Die Straßenverschwenkung von etwa 1900 n. Chr.

Wenn wir heute auf einer Straßenkarte die B2 ansehen, dann fällt kurz vor Bruck ein auffälliger Schlenker auf. Was hat es damit auf sich?

Die B2 vor Bruck. [Quelle: GoogleMaps, 2021 GeoBasis-DE/BKG (2009)]

Die B2 verläuft insgesamt unverändert auf einer sehr alten Route. Aber auf der Uraufnahme vom Anfang des 19. Jahrhunderts können wir erkennen, daß der Schlenker jüngeren Datums ist:

Die B2 vor Bruck (rot nachgezeichnet) in der Uraufnahme (1808-1864). [Quelle: BayernAtlas, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung“, Lizenz (CC BY-ND 3.0 DE)]

Schon die Karte des Deutschen Reiches 1.100.000 (Landsberg a. Lech 637) von 1890 zeigt den Schlenker. (Im Positionsblatt 1:25.000 (Blattnummer 690) von 1900 ging die Straße eigenartigerweise wieder geradeaus – da wurde wohl eine Karte mit mindestens 10 Jahre veralteten Daten herausgegeben.) Die nächste historische Karte, die der BayernAtlas anbietet ist von 1925 – da finden wir auch wieder den Schlenker, wie wir ihn heute kennen.

Die Geologie beim Münchner Berg

Die Geologie des Münchner Bergs ist recht kompliziert:

  • Der Sockel besteht aus kompakter toniger Molasse („Flinz“)
  • Darüber folgt sandige Molasse, die Grundwasser führt.
  • Darüber folgt ein geringmächtiger Rest von mindelzeitlichen Deckenschottern aus der drittletzten Eiszeit. Die Deckenschotter bilden sich hauptsächlich vor der Moräne, so dass die Mindelgletscher wohl nicht bis zum Münchener Berg reichten. Die Mindelschotter führen ebenfalls Grundwasser
  • Auf den Deckenschottern liegt lehmige Rissmoräne (vorletzte Eiszeit). Deren Gletscher reichten hier nach Norden etwas über die Ludwigshöhe hinaus. Auf dem Nikolausberg (der ehemaligen Gegenpointer-Burg östlich der B2) liegt schon keine Rissmoräne mehr, da liegt der Löß direkt auf Mindelschotter. Nach der Erläuterung zur Geologischen Karte lag auf der Ludwigshöhe der östliche Gletscherrand. Nördlich der Amper gibt es wieder in Puch, Aich und Lindach Rißmoräne. In Bruck selbst und Emmering nicht oder nicht mehr.
  • Auf den Hochflächen liegt Löß und Lößlehm als jüngste Formation.
  • Würmmoräne fehlt. Der schwächliche Würmgletscher schaffte es nur bis Steinlach.

Eintalungen als flache Abstiegsmöglichkeiten in das Ampertal

Wer von München nach Augsburg wollte mußte irgendwo in der Gegend von Bruck die steile Hangkante in das flache Ampertal herunter. Amperabwärts war alles sumpfig. Weiter westlich blieb nur der Umweg über Schöngeising mit seiner starken Steigung oder noch weiter westlich über Landsberg.

Das Ampertal, das vielleicht schon in den früheren Eiszeiten vorgeprägt war, hat das Schmelzwasser der Würmgletscher abgeführt und sich dabei tief in die Molasse eingegraben. An den Talflanken, also etwa am Bahndamm, wurden die grundwasserführenden Sande angeschnitten, die nun permanent „auslaufen“. Das sieht dann so aus, dass sich am Hang teils einzelne, teils durchlaufende Quellen bilden. An der Ludwigshöhe hat wohl eine besonders starke Quelle zu rückschreitender Erosion geführt. Dabei hat sich, zusammen mit der Erosionswirkung von Regenwasser, die heutige Eintalung mit dem grundwassergespeisten Bach gebildet. Bei den nassen, instabilen Molassesanden geht das vergleichsweise leicht. Die nassen sandigen Rutschmassen sind der natürliche Feind des Bahndamms, dessen Untergrund ständig drainiert werden muss.

Geländerelief südlich von Bruck
[Quelle: BayernAtlas, Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung Nr. 2106-009501]

Wir sehen auf der Reliefkarte drei bis vier solcher “Eintalungen”, die auch tatsächlich von alten Wegen genutzt wurden:

  • [B] ist am Münchner Berg bei der heutigen B2 – auch wenn die Trasse das eigentliche Tal wegen der Vernässung meidet
  • [L] ist der Leithenberg mit seinen Hohlwegen, die zum Kapellenweg führen (21 % Steigung). (Hierzu hat Thorsten Blümlein bereits in diesem Blog einen Beitrag verfaßt.) Ab Hoflach führte ein Altweg dorthin. Allerdings kann man hier nicht von einem flachen Tal sprechen. Es geht schon recht steil bergab.
  • [P] ist Pfaffing (8 % Steigung), wo die Urkirche von Fürstenfeldbruck steht. Über Wagelsried führte eine Straße dorthin und dann über Gelbenholzen weiter zum Kloster Fürstenfeld, wo
  • [K] ein weiteres “Tal” den Engelsberg hinab führt (17 % Steigung). (Auch wenn die Einschnitte dort nur wie Hohlwege wirken. Tatsächlich stammen sie vom Wasserleitungsbau der 50er Jahre.)

Eigenartigerweise fehlt in der Uraufnahme eine weitere Trasse: Von [P] an den Weihern vorbei bis St. Wolfgang unterhalb des Münchner Bergs auf der heutigen Pfaffinger Straße. Die wäre eigentlich auch recht flach, aber womöglich ein zu großer Umweg oder die Gegend war zu sumpfig – schließlich wurden ja mehrere Weiher angelegt.

In Summe bietet der Münchner Berg [B] die flacheste Steigung (14 %) und insgesamt ab München auch die direkteste Verbindung.

Warum wurde der Schlenker gebaut? Und warum gab es den Schlenker nicht schon immer?

Zum Straßenbau vor 1900 fehlen uns noch die Urkunden. Vermutlich hat man die max. 14 % Steigung reduzieren wollen. Das wäre für die Postkutschen natürlich auch schon hilfreich gewesen.

Rein vom Relief würde man die Straße dann sogar noch etwas weiter östlich in die Senke legen, die eigenartigerweise Ludwigshöhe heißt. Aber dort war es vermutlich immer zu sumpfig für eine Straße. Der neue Schlenker von ~1900 bleibt aber gerade noch auf dem Hang oben. Aber womöglich wäre es vor 1900 technisch zu aufwändig gewesen die Straße am Hang zu befestigen.

Der Hufschlag

In der Chronik von Jakob Groß

Groß, Jakob. Chronik von Fürstenfeldbruck. Fürstenfeldbruck: J. B. Miller, 1877.

wird die heutige B2 auf S. 34 als “Hufschlag” bezeichnet. Sie war also im Mittelalter vornehmlich für die Reiter und Saumpferde. Der Viehtrieb sollte weiter nördlich über Esting und Unterschweinbach auf dem “Gangsteig” stattfinden. Schwere Wagen sollten über die “Salzstraß” über Dachau nach Augsburg fahren. Auf S. 140 ff. lesen wir aber, daß die Brucker und Dörfer darum für den örtlichen Bedarf auch Salz und andere schwere Güter auf Wägen über den “Hufschlag” transportieren durften. Die Straße dürfte also bis zum Umbau als Chaussee einigermaßen in Schuß gehalten worden sein.

Ausflugscafés

Mit dem Bau der Bahn 1873 wurde das Areal rund um den Brucker Bahnhof zum Naherholungsziel der Münchner. Mindestens drei Cafés wurden dazu eröffnet:

  • [L] “zur Ludwigshöhe”: Erbaut vom Brucker Brauer Gerbl. 1954 übernahm es der Kreis als Krankenhaus (“Interne Abteilung”). Das Café bzw. Krankenhaus stand zwischen der alten B2 und dem neuen Schlenker. Nach Auskunft von Fritz konnte man immer durch den Park des Krankenhauses gehen so quasi auf der alten Trasse Richtung Bruck gehen. Am Ende war es nur noch eine Ruine, die 1990 abgerissen wurde. Heute sieht man keine Reste mehr von dem Gebäude.
  • [W] “Weiherhaus”: 1960 abgebrannt.
  • [S] “Neues Weiherhaus” bzw. “Schokoladenhaus” auf dem Engelsberg gleich oberhalb des Bahnhofs: 1910 erbaut für das zu klein gewordene Weiherhaus. 1914 in ein Wohnhaus umgewandelt.
  • [R] Zudem die Rodelbahn an der Gegenpoint-Leite mit Hütte (die 1916 abbrannte) und später Lokal neben der Straße zum Tonwerk.
Ehemalige Cafés rund um den Brucker Bahnhof. [Quelle: GoogleMaps, 2021 GeoBasis-DE/BKG (2009)

Wie sieht der alte Wegverlauf heute aus?

Der alte Straßenverlauf geht heute durch den Trimm-Dich-Pfad-Parkplatz und führt dann als Fußweg (abgetrennt durch drei massive Stempen) weiter Richtung Bruck:

Haus Ludwigshöhe x, 82256 Fürstenfeldbruck neben der ursprünglichen Route der heutig gen B2

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