Im Theiss-Verlag gibt es einen schönen Prachtband über Römerstraßen:
Margot Klee: Lebensadern des Imperiums – Straßen im römischen Weltreich; Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, 2010
Das reich bebilderte Werk lädt zum Schmökern und Schwelgen ein – das kann dieser Blogbeitrag nicht ersetzen. Das 159 Seiten dicke, großformatige Buch behandelt alle römischen Hauptstraßen im gesamten Imperium von seinem Anfang bis zu seinem Ende. Regionale und zeitliche Unterschiede bei den Römerstraßen werden eher am Rande erwähnt. Und unser RAETIA wird auch nur eher gelegentlich erwähnt. Trotzdem finden wir in dem Buch einige Informationen, die uns helfen können, die Römerstraßen in unserem Gebiet besser einzuschätzen.
Wer nutzte die Straßen?
- Die römische Oberschicht verbrachte ihre Mußezeit (otium) gerne auf ihren Landvillen, die manchmal mehrere Tagesreisen von ihrem Dienstsitz entfernt lagen. Einige, wie Cicero, beschrieben ihre Reisen schriftlich. Daher weiß man, daß es in einigen Gasthäusern von der Decke tropfte oder daß man gelegentlich auf Matratzen vor dem Gasthaus (taberna) speiste [S. 10]
- Die Agrarschriftsteller [Cato, Columella und Varro] betonten, daß ein Bauernhof (villa rustica) nur bei Anbindung an befahrbare Wege rentabel zu betreiben sei. Marcus Terentius Varro (* 116 v. Chr.; † 27 v. Chr.) warnte aber vor Bauernhöfen nahe an Militärstraßen wegen der hohen Abgaben für den Postdienst [S. 84].
Bauern fuhren auch die Pachtbeträge zu ihren Feudalherren [S. 102] - Händler fuhren Waren zu den Markttagen (nundinae) [S. 85].
- Das Militär verlegt Truppen über die großen Straßen [S. 84, S. 96].
- Pilger besuchten Heiligtümer [S. 97].
- Kranke fuhren in Kurorte
- Sportfans besuchten Arenen
- Beamte fuhren zur Inspektion oder Rechtsprechung in die Ecken ihrer Provinz [S. 97].
Wenn er einen vom Kaiser unterschriebenen Passierschein (diploma oder evectio) besaß, mußte er auf seiner vorab festgelegten Route über Heerstraßen kostenlos bewirtet werden. Der Passierschein machte ihn zum Nutzer des Postwesens (cursus publicus) – er war ein militantes [S. 105].
Ohne Passierschein hatte er nach dem lex Porcia oder dem lex Iulia de rebus aber evtl. trotzden Anrecht auf bestimmte Leistungen. - Bischöfe durften mit dem Postwesen kostenlos von Konzil zu Konzil fahren, was nach Ansicht des Kritikers Ammianus Marcellinus (* um 330; † 395) zu hunderten von Bischöfen geführt habe [S. 105].
- Der Kaiser und seine Entourage (3.000 – 5.000 Personen) besichtigten hin und wieder die Provinzen wodurch sie sogar Hungersnöte entlang der Straße auslösten [S. 104]
Was fuhr auf den Straßen?
Die meisten Reisenden waren wohl zu Fuß unterwegs, sie wurden aber fast nie abgebildet [S. 102].
Oft findet man die eingetieften Rinnen der Räder im Achsabstand von 1,4 Metern. Bei stärker abgenutzten Straßen fuhren die Karren in der Mitte und nutzten die Ränder nur zum Ausweichen. Im Eschenloher Moor und im ostalpinen Raum findet man bevorzugt Achsabstände von 1,05 – 1,15 m von kleineren Karren [S. 39].
Straßenkategorien
Ulpian († 223 oder 228 n. Chr.) teilte die Römerstraßen ein in
- Öffentliche Straßen (via publica, auch praetorische oder konsularische Straßen)
- Privatstraßen (via privata, Feldwege). [Aus dem Text wird nicht ganz klar, ob damit auch die “Vizinalstraßen” gemeint sind. Es scheint auch “Öffentliche Vizinalstraßen” gegeben zu haben [S. 22]]
Diese Straßen haben einen privaten Eigentümer, der sie unterhält. Im allgemeinen waren sie aber für jeden nutzbar [S. 21]. - Dorfstraßen (via urbica, in den Dörfern oder in die Dörfer führend)
Sie mußten die Anlieger selbst pflastern und unterhalten. Dadurch schaute die Straße oft alle paar Meter anders aus. Es konnte aber auch gemeinschaftliche Vorschriften und Bauprojekte geben, so daß eine Straße z. B. einen durchgehenden überdachten Fußweg erhielt [S. 24].
Dorfstraßen waren [angeblich] immer gepflastert und hatten Gehsteige (margines) [S. 25].
Das “Römische Sachenrecht” [also vermutlich ius publicum, leider ohne nähere Eingrenzung der tausendjährigen Rechtstradition] unterscheidet nach der Verwendbarkeit [S. 13]
- Fußpfad (iter) – auch für das Tragen von Tragesesseln und Sänften geeignet
- Fuhrweg (actus) – für Gespanne und Wägen
- Lastenweg (via) – Öffentliche oder Privatstraßen, die auch für das Schleifen (!) großer Lasten geeignet sind. Verwirrenderweise werden auch gut ausgebaute Heerstraßen als “iter” bezeichnet. [Vielleicht war das der allgemeinere Begriff. Eine “Straße” kann bei uns ja auch sowohl ein schmale Zufahrtsstraße und eine Autobahn sein.]
Sextus Iulius Frontinus (* um 35; † 103) hebt bestimmte Privatstraßen/Feldwege (limites) hervor [vielleicht in dem ihm zugeschriebenen Text über die Feldvermesser (agrimensor), der im „Corpus agrimensorum Romanorum“ überliefert ist?]: Sie trennen rechteckige Landlose, die bei der Landeinteilung (Zenturiation) vergeben wurden. Sie durften nie bebaut werden [S. 13].
- limes subruncivi, die normal breiten Feldwege/Feldbegrenzungen
- limes quintarius, die breiteren Feldwege/Feldbegrenzungen. Jeder fünfte limes subruncivi ist ein limes quintarius
„Heerstraße“ (via miltaris) war dagegen keine eigene Straßenkategorie. Es war ein Attribut für bestimmte Öffentliche Straßen, wenn sie auch für das Militär relevant waren. Offenbar gab es keine Straßen, die exklusiv für das Militär reserviert waren [S. 23]. Nur auf den Heerstraßen existierte das Postwesen (cursus publicus) [S. 106].
Dann gab es noch die Straßenbeschreibung nach ihrem Zustand (der nicht unbedingt seinem juristischen Status als Öffentliche Straße, Privatstraße oder Dorfstraße entsprechen muß) [S. 36]:
- Unbefestigte Erdstraße [Piste] (via terrana)
- Straße mit Schotterung oder Kiesdecke (via glarea strata)
- Gepflasterte Straße (via lapide strata)
[Die Straße Augsburg-Schöngeising-Gauting-Salzburg war also im Landkreis Fürstenfeldbruck eine via publica als via glarea strata ausgebaut. Ob sie nur ein Fuhrweg (actus) war oder sogar ein Lastenweg (via), wissen wir nicht. Ob sie auch eine via militaria war mit Postwesenbetrieb wissen wir auch nicht.]
Rechtslage
Das Zwölftafelgesetz [einer um 450 v. Chr. entstandene Gesetzessammlung] enthält einige Gesetze zum Straßenbau [S. 12].
- Öffentliche Straßen haben eine Breite von 8 Fuß [2,36 m] und in Kurven von 16 Fuß [4,74 m].
[Kralllinger hat in Schöngeising 5,5 m gemessen – und wenn er den tatsächlichen Verlauf der Straße gekannt hätte, wäre er wohl auf 4,8 – 5,2 m gekommen. Aber diese Straße ist auch fast 500 Jahre jünger, als das Zwölftafelgesetz.]
- [In Tafel VII steht: [Grundstückseigentümer, an deren Grund ein Wegerecht anderer besteht], sollen [dafür] einen befestigten Weg anlegen. Wenn sie ihn nicht mit Steinen befestigt haben, soll [der Wegberechtigte] sein Zugvieh [dort über das Grundstück] führen, wo er will.]
“Augusteische Vorschriften” (Augustus † 14 n. Chr.) verfügen, daß Hauptachsen in Städten 40 Fuß [11,8 m] (bei cardines decumani) bzw. 20 Fuß [5,9 m] (bei cardines maximi] breit sein sollen [S. 13].
Das Stadtgesetz der andalusischen Stadt Urso [lex ursonensis von 69–96 n. Chr.] stuft alle Straßen in Städten hoch zu Öffentlichen Straßen. Zudem darf der Belag einer Öffentlichen Straßen nie verschlechtert werden [S. 13]. [Aber dieses lokale Gesetz galt in RAETIA eher nicht.]
Öffentliche Straßen (via publicae) lagen auf öffentlichem Grund (und sei es enteigneter Grund [S. 16] und wurden mit Steuermitteln gebaut [S. 14]. Da darüber nur Konsuln, Prokonsuln und Praetoren verfügen durften, konnten nur sie solche Straßenbauprojekte starten [S. 16]. Oft benannten sie die Straßen dann nach ihrer Familie [obwohl das Geld für die Straße vom Staat kam]. Der Kaiser gab immer wieder für Straßenprojekte eigenes Geld in die Staatskasse und ließ sich dafür auf Münzen feiern [S. 22].
Sicherheit und Ordnung
Es gab keine Straßenverkehrsordnung. Auf den Römerstraßen herrschte das Recht des Stärkeren. [S. 98]. Vermutlich herrschte Rechtsverkehr vor [S. 99]. Parallele Gefällstrecken deuten auf Einbahnstraßen für ansteigenden und bergabfahrenden Verkehr [S. 99].
Entlang der Straßen waren oft Räuberbanden unterwegs. Daher erflehte man vor einer Reise den Schutz der Vierwegegöttinnen (quadruviae) an kleinen Minitempelchen am Straßenrand; es gab auch Zwei- und Dreiwegegöttinen [S. 100]. Noch wirkungsvoller waren vermutlich die Militärposten an Kreuzungen und in Städten [S. 101].
Straßenbau
Vorhandene Altwege wurden genutzt und ausgebaut
Bestehende Altwege [in unserem Gebiet z. B. keltische] wurden von den Römern oft lange unverändert genutzt und irgendwann nach römischem Standard ausgebaut [S. 30]. Caesar nutzte bei seinen gallischen Kriegen keltische Wege und sogar eine keltische Rhone-Brücke.
Straßenbautechnik
Auch wenn die Römerstraßen sehr unterschiedlich aufgebaut sind, so blieb diese Grundstruktur immer gleich. Eine Römertraße bestand fast immer aus [S. 38]
- der Fahrbahn (agger)
- daneben die Zwischenzonen (iter oder itinera oder actus) für Fußgänger und Viehtrieb [S. 42]
- anschließend die Straßengräben
Statius Silvus [ein Zeitgenossen Domitians († 69 n. Chr.)] beschrieb den Straßenbau in einem Gedicht:
Erst die Gräben ausheben. Dann die Straßenränder markieren. Die Straße ausschaufeln bis \”ins Innere der Erde\” und mit neuen Füllstoffen füllen als Basis für die Straßenkrone. Dann die Straße mit dicht gepacktem Schotter befestigen. Parallel sind etliche Arbeiter damit beschäftigt Bäume zu fällen, Gestrüpp zu entfernen, Steine zu glätten, Tümpel trocken zu legen, Wasser abzuleiten [S. 32].
Wenn das Holz nicht benötigt wurde, wurde wohl auch brandgerodet [S. 38]. Die Via Claudia wurde [auf welchem Trassenteil?] ausgekoffert und mit mehreren Lagen örtlichem Gesteins aufgefüllt. An anderen Stellen wurde der Schotter auf dem kompakten Boden geschichtet als überhöhter Damm [S. 39]. [Bei der Strecke Augsburg-Salzburg wurde bei Schöngeising mangels Gestein offenbar einfach der gefunde Kies gemischt mit Erde aufgeschaufelt.] Manche Trassen haben einen Holzuntergrund. Andere sind wie die neuzeitlichen Macadam-Beläge ausgeführt: Ein gewölbter Damm mit einer aufgewalzten Sand-Mörtel-Schicht [S. 39].
Die Straßen waren eigentlich nur in oder nahe bei Städten gepflastert. Die Pflasterung war teurer im Unterhalt und bot keine Vorteile für die Fuhrwerke. Im englischen Vindolanda wurde das zum Kaiserbesuch angelegte Pflaster sogar anschließend mit Kies überdeckt [S. 42].
Am Rand des Kiesdamms waren gewöhnlich sorgfältig behauene Randsteine (umbones) von bis 50 cm Größe zur Fixierung. Die wurden in späteren Zeiten regelmäßig ausgebrochen [S. 40].
Um eine geschotterte Straße (via glarea strata) herzustellen mit einem 0,4 – 0,5 cm hohen Damm, der sich in der Mitte 0,7 m aufwölbt, müssen pro Straßenkilometer 3.750 m3 Erde abgegraben und 2.200 m3 Kies aufgebracht werden, der teilweise aus 5 km Entfernung herangeschafft wurde [S. 39]. [Ein moderner 40-Tonner-Sattelkipper von Fa. Schmitz-Cargobull (S.KI SOLID) faßt 21 – 56 m3. Mit einem typischen Baustellenkipper mit 24 m3 wären das 92 Lastwagenladungen Kies und 156 Lastwagenladungen Erde, die von Hand geschaufelt wurden für jeden Kilometer. Ein Projekt \”Römerstraßenbau\” der Experimentellen Archäologie hätte vermutlich große Schwierigkeiten, hierfür Freiwillige zu finden ….]
Vitruv († nach 15 n. Chr.) empfahl einen vierlagigen Aufbau (unten grobe Steine, darauf größeres Material teilweise im Mörtelverbund, Kies und schließlich die feine Oberschicht (summumdorsum). Das wird oft zitiert – behandelt aber in Wahrheit den Aufbau eines Fußbodens. Tatsächlich findet man kaum derart aufgebaute Straßen. Überall ist der Straßenaufbau ein anderer [S. 32]. Auch die Fahrbahnbreite schwankt weit zwischen 1,5 m im Thrakischen Gebirge und 17 m zwischen Londeon und Chichester [S. 38]; im Schnitt ist die Fahrbahn in den Provinzen aber zwischen 5 und 7 m breit (soweit man das bei den aberodierten Fahrbahnrändern noch erkennen kann).
Vermessung
Recht oft passen die römischen Straßen in das Grundstücksraster (die Straße fällt mit der Grenze (decumanus) zusammen). Es gibt in einigen Provinzen aber Ausnahmen. Womöglich hielt man sich nur in ertragreichen Gegenden an das Grundstücksraster [bei schlechten Böden konnte man die Straße ohne großen Verlust auch schräg durch den Acker legen] [S. 29].
Die Straßen waren zwar meist sehr gerade – bei Bedarf machten aber auch die römischen Straßen Bögen. Manchmal gab es zwei parallele Routen, wenn die Kürzere nicht immer befahrbar war [S. 34].
Bis zum 2. Jahrhundert wurden Steilstücke mit bis zu 15 % Steigung trassiert. Danach versuchte man Steigungen mit mehr als 8 % zu vermeiden [S. 54].
Die römischen Ingenieure kannten noch keine Längengrade. [Das macht es nicht einfach, in der Landschaft den richtigen Winkel ab Augsburg Richtung Salzburg zu finden.] Trotzdem fanden sie meist die optimale Trasse und so folgen ihr heute noch Bundesstraßen und Autobahnen. Leider gibt es kaum Originalquellen über das Vermessungswesen. Kein einziges Vermessungsgerät blieb erhalten [S. 34].
Gebaut haben die Straßen meist Bauunternehmen (manipes oder redemptores), die auch die Raststationen bauten. Die Arbeiter mußten umliegenden Orte stellen (bezahlte Einheimische oder Sklaven).
Auch das Heer hat Straßen gebaut – oder zumindest einfache, begehbare Fußwege gebahnt. Das war aber offenbar eher die Ausnahme wenn es noch keine zivile Verwaltung gab. Teilweise wurden Straßen wohl auch vom Heer nur gebaut, um die Soldaten zu beschäftigen und vom Meutern abzuhalten [S. 36].
Brücken
Brücken waren für die Römer etwas Heiliges. Das höchste Priesteramt hieß \”Größter Brückenbauer\” (pontifex maximus). Die Störung der Flußgötter mußten man durch Münzopfer und kleinen Heiligtümern wieder gut machen. Auch Steinbrücken hatten oft eine Pfahlgründung. [Das heißt: Die erhaltenen Pfähle in der Amper bei Schöngeising könnten auch von einer Steinbrücke stammen. Aber dann könnten wir die vielen Pfähle nicht erklären die in den nachfolgenden Jahrhunderten hinzukamen.]
Straßenunterhalt
Der Straßenunterhalt oblag den Aedilen und Questoren, die dafür Unternehmer (redemptores) beauftragten. Die Kosten mußten die Anlieger tragen. Faktisch waren der Zustand der Straßen oft schlecht [S. 16]. [Ein Problem, das offenbar bis in unsere Zeit anhielt …]
Für größere Ausbesserungsprojekte wurden zusätzlich eigene Beamte eingesetzt (curator viarum) [S. 16].
Zumindest Augustus (* 63 v. Chr., † 14 n. Chr.) zwang siegreiche Generale, einen Teil ihrer Kriegsbeute für den Straßenunterhalt rund um Rom zu verwenden. [Was den Straßen z. B. in RAETIA nicht half.]
Maut (vectigal rotarii) war eher ungebräuchlich [S. 23]. Aber es gab Zollgebiete, an deren Grenzen Zollstationen (portoria bzw. cancelli) waren. Zudem erhoben manche Städte einen Stadtzoll (ansarium) [S. 86].
Meilensteine
Meilensteine (milliaria) sind ungleich verteilt. Einige Straßen hatten wohl gar keine. In RAETIA fehlen Meilensteine von Kaiser Claudius (* 10 v. Chr.; † 54 n. Chr.) bis Kaiser Septimius Severus (* 146 n. Chr.; † 211 n. Chr.). Sie wurden zum Bau oder bei Renovierungen gesetzt [S. 65] oder als Kaiser-Propaganda [S. 73] oder als Loyalitätsbekundung der Anwohner [S. 75]. Die Schrift war meist rot gefaßt. Spezialisierte Betriebe fertigten die Meilensteine für komplette Straßen [S. 67]. Meist zählen die Meilensteine die Entfernung ab Wegbeginn; das kann das Stadttor einer Stadt sein oder ein Kastell. Selten steht zusätzlich die Entfernung bis Rom auf dem Meilenstein [S. 69]. Raetische Meilensteine zählen meist von Augsburg, aber auch von Bregenz oder Kempten [S. 69].
Maßeinheiten
Ursprünglich wurden die Entfernungen in Meilen (milia passuum) gemessen [S. 76]:
1 Meile (mille passus) = 1000 Doppelschritte (passus) = 1.480 Meter
(1 Doppelschritt (passus) = 2 Schritt (gradus) = 1,48 Meter
1 Schritt (gradus) = 2,5 Fuß (pedes) = 74 cm
1 Fuß (pes) = 29,6 cm; in Gallien und im militärischen Kontext ist der Fuß aber nur 23,26 cm lang [S. 76])
Ab dem zweiten Jahrhundert breitet sich von Aquitanien ausgehend das Messen in Leugen (leugae) durch [S. 76]
1 Leuge (leuga) = 1,5 Meilen (milia passuum) = 2.220 m
1 Leuge = 1.500 Doppelschritte (passus)
Wirtshäuser
Entlang der Heerstraßen mußte es regelmäßig Unterkünfte zum Essen und Übernachten geben, denn hier verlief ja der Postdienst. Aber auch entlang der übrigen Fernstraßen gab es Wirtshäuser, Hotels, Pferdewechselstationen (mansio, mutatio, taberna, praetorium, stabula). caupona bzw. deversoria waren eher die unterste Kategorie. palatium die Kaiserklasse. Sie waren manchmal abseits der Siedlungen und üblicherweise einen Tagesmarsch von einander entfernt (25 km). So wurde \”mansio\” geradezu zu einem Synonym für einen Tagesmarsch [S. 108].
So eine Mansio war ein umzäunter Hof mit mehreren Gebäuden, darunter Ställe und Schlafräume. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts gab es da auch Thermen, beheizte Schlafräume für die Bessergestellten und unbeheizte Matratzenlager für einfache Soldaten.
Karten
Es sind praktisch keine Karten erhalten obwohl sie vermutlich so normal waren, daß man sie sogar im Schulunterricht einsetzte [S. 115]. [So war es auch im Mittelalter und vermutlich werden auch praktisch alle zerfledderten, veralteten Falkpläne in hundert Jahren spurlos verschwunden sein.]
Die beiden uns überlieferten “Karten”, die auch RAETIA abdecken, sind entweder an den entscheidenden Stellen kaputt (Tabula Peutingeriana) oder etwas wirr (Itinerarium Antonini) [S. 117].
Veränderungen
Die Bedeutung von Römerstraßen hat sich immer wieder gewandelt. Die Strecke Zülpich-Neuss verlor an Bedeutung, als Köln an Bedeutung gewann [S. 90]. Der Reschenpaß/Via Claudia wurde an Bedeutung vom Brennerpaß überholt [S. 93, S. 46].
Forschung
Römerstraßen wurden schon immer ausgiebig erforscht. In Deutschland waren Joseph Hagen (im Rheinland) und Peter Goessler (Württemberg). In England nummerierte Ivan Margary alle Römerstraßen durch [S. 11].