von Ulrich Bähr
Zusammenfassung
Fernwege Augsburg-München
Jakob Groß suchte aus alten Urkunden den Verlauf von drei Fernwegen von München nach Augsburg heraus und veröffentlichte sie 1877.
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Jakob Groß - Alte Straßen
Die mittelalterlichen Straßen "rechte Salzstraße", "Hufschlag" und "Gangsteig" von Augsburg nach München, wie sie Jakob Groß beschreibt.
Der Autor
Chronik von Fürstenfeldbruck
1877 veröffentlichte der Emmeringer Hauptzollamstsverwalter Jakob Groß (*17.01.1827, †04. 05.1898) seine „Chronik von Fürstenfeldbruck“[1].
Abbildung 1 Jakob Groß.
Der Autor hat eine Fülle an Material aus Archiven zusammengetragen über die Geschichte Brucks und seines Umlandes. In zwei Kapiteln befaßt er sich auch mit alten Straßen, die durch Bruck führten. Diese Informationen werden hier aufbereitet.
Leider hat Jakob Groß seine Quellen nur grob benannt („ein alter Akt“ etc.). Bei Gelegenheit sollten tatsächlich Groß‘ Originalquellen im Staatsarchiv identifiziert werden.
Joseph Scheidel
Joseph Scheidel hat in einem Artikel[2] einen Überblick über römische und mittelalterliche Straßen im Raum Fürstenfeldbruck-Dachau erstellt. Dabei hat er offensichtlich auch bereits die Chronik von Jakob Groß ausgewertet. Scheidels Beitrag wurde einem nicht fertig gestellten Manuskript entnommen, um ihn in der ersten Ausgabe der neuen Zeitschrift „Amperland“ drucken zu können. In Scheidels Artikel fehlen daher noch alle Fußnoten mit den Quellenangaben.
Die drei Straßen „rechte Salzstraße“, „Hufschlag“ und „Gangsteig“ tauchen auch dort als hochmittelalterliche Straßen auf.
Den Streckenabschnitt München-Esting-Maisach klassifiziert Scheidel aber als frühmittelalterlich (und somit noch vor der Gründung Münchens) und nennt eine vermutete Route über (Ober-?)Menzing-Langwied-Lochhausen-Esting-Maisach. Die Abweichung zu Groß‘ Route diskutiert Scheidel leider nicht.
Fernverkehr München-Augsburg
München-Augsburg 1579
In einer Eingabe an Herzog Wilhelm V. (1579 -1597) im Jahre 1579 werden drei Straßen von München nach Augsburg erwähnt[3], die es „seit vielen hundert Jahren“ gäbe (Jakob Groß geht ohne weitere Quellenangaben davon aus, daß es diese Straßen spätestens seit dem 14. Jahrhundert gab):
Name der Straße | erlaubt für | Route |
rechte Salzstraße | Weinwägen, „Zentnergüter“ da sie als Prügelweg befestigt war |
80637 München,
|
Hufschlag | Reiter, Saumrosse |
80687 München,
|
Gangsteig | Fußgänger, Schwein- und Viehtrieb |
80687 München,
|
Karte der Routen
Die Routen können wie folgt verlaufen sein. Zur Ermittlung der Routen wurden Wege gewählt, die in der Uraufnahme (1808 – 1864) kartiert sind. Der tatsächliche Routenverlauf kann damals im Detail auch anders gewesen sein.
Abbildung 2 Die drei Routen München-Augsburg im 16. Jhr. nach Jakob Groß
„S“: Die „rechte Salzstraße“
„G“: Der Gangsteig
„H“: Der „Hufschlag“
blaue Symbole: Brücken-Zollstellen
Karte: Google Maps, Datendaten 2021 GeoBasis-DE/BKG(2009)
Auffälligkeiten der Routen
Falls der Viehtrieb auch Anfang des 19. Jahrhunderts über 86510 Ried nach 86438 Kissing führte, wären Hecken links und rechts der Straße zu erwarten. Die sind auf den Karten (auch auf Parallelrouten) nicht immer nachweisbar.
Der Straßenverlauf bei Kissing ist fragwürdig. Kürzer wäre eine Route über Mergentau, dort über die Paar und dann über das Lechfeld zur späteren Chaussee nach Hochzoll.
Salztransporte
Salztransport München-Augsburg im 16. Jahrhundert
Jakob Groß beschreibt die Salzhandelsrouten wie folgt:
vorgesehen für | Route | |
normalerweise | „die Bewohner der beiden Maisach-Ufer“[4] „ausländische“ Salzhändler | „rechte Salzstraße“ über Dachau, Maisach, Schweinbach, Vogach [in Kapitel 9[5] wird eine andere Route der Salzstraße beschrieben. Die hier genannten Orte sind laut Kapitel 9 Teil des Viehtriebs „Gangsteig“. Vermutlich hat Groß hier die Routen verwechselt.] |
im Winter | Salzhändler „die Bewohner der beiden Maisach-Ufer“ waren[6] | „Gangsteig“ über Bruck und Moorenweis. |
normalerweise | Salzhändler aus diesen Orten:
Kaufmannsgüter für lokale Märkte | „Gangsteig“ über Bruck und Moorenweis. |
Zoll
Zoll
Jakob Groß erwähnt einige Zollstationen in
Ort | erwähnt im Jahr | Zweck | Nutznießer | Zoll für |
82140 Esting[8] | 1582 | Brücke | Kloster Ettal | Roß, Rind, Wagen, Sau, Schaf |
82281 Unterschweinbach (Egenhofen)[9] | 16. Jhr. | „Beizoll“[10] | Herzog | |
82256 Bruck (Fürstenfeldbruck)[11] | 1306 | Brücke |
Gegenpoint
| |
82257 Emmering[12] | 1425 | Brücke | Gegenpoint | |
82256 Fürstenfeld (Fürstenfeldbruck)[13] | 1424 | Kloster Fürstenfeld | ||
85221 Dachau[14] | 1475 |
Herzog
| ||
82296 Schöngeising[15] | 1413 | Brücke | Wirt / Kloster Fürstenfeld | |
82284 Wildenroth (Grafrath)[16] | 1322 | |||
82194 Gröbenzell[17] | 1520 | Weg | Herzog | Wagen |
86163 Hochzoll (Augsburg) | Brücke | |||
82291 Mammendorf[18] | „Beizoll“ |
Viehtrieb Aubing-Gröbenzell-Maisach
Viehtrieb
Jakob Groß beschreibt, dass viel mit Schweinen, Schafen, (auch ungarischen) Ochsen gehandelt wurde durch Unternehmer aus Schwaben, Würtenberg und dem Ries. Insbesondere zum Keferloher Markt[19] in 85630 Keferloh (Grasbrunn) im Osten Münchens 6,5 Stunden Fußmarsch entfernt von Gröbenzell.
An anderer Stelle nennt Groß den „Gangsteig“ als Straße für den Viehtrieb.
Wagenverkehr
Dieser alte Weg zwischen Olching und Aubing[20] war für Fuhrwerke offenbar nur im Winter bei gefrorenem Moor passierbar. Zumindest im 16. Jhr. war diese Route ohnehin nur erlaubt für den lokalen Handel und Salzhändler, die nahe der Amper ihren Sitz hatten[21]. Der sonstige Fernverkehr mit Wägen mußte über den stabilen Bohlenweg „rechte Salzstraße“ (München-Dachau-Odelzhausen-Augsburg) abgewickelt werden.
Herzoglicher Jagdweg
1510 bis 1520 ließ sich dann Herzog Wilhelm IV. (1508-1550) parallel dazu einen privaten herzoglichen Jagdweg bauen.
Herzog Albrecht V. (1550-1579) ließ diesen Jagdweg dann durch einen Amtmann (dem Gröbenhüter) bewachen, da die Fuhrleute widerrechtlich öfter auf den Jagdweg ausgewichen sind. Der Gröbenhüter erhielt ein Haus und bewachte die Fischerei und die Straße.
Olchinger Gerichtsstätte
Wir wissen nicht, ob die im frühen 19. Jahrhundert kartierte Straße Lochhausen-Olching der befestigte herzogliche Jagdweg oder der später befestigte ursprüngliche Viehtrieb ist. Wir wissen auch nicht, warum die Straße nach Olching geht und nicht direkt zum Amperübergang nach Esting.
Aber den Knick der kartierten Strecke Gröbenzell-Olching kann man womöglich erklären: Diese Straße zielte auf den vermutlich schon vorher existierenden Olchinger Schrannenweg der vermutlich zu einer Gerichtsstätte südöstlich von Olching führte.
Ursprungs-Viehtrieb nicht mehr erkennbar
Gröbenzell ist heute stark bebaut. Zwischen Olching und Gröbenzell gibt es aber noch die Felder mit den Flurnamen „Kreut“, „Reisch“, „Großer Berg“, „Neues Gut“ und „Zitzstauden“. Dort ist weder im Relief, noch in alten Luftbildern, noch in der Uraufnahme ein alternativer, alter Weg erkennbar. Allerdings wurden Viehtriebe durch Wiesen und Wälder in der Uraufnahme fast nie kartiert. Wenn es den Weg gab, dann liegt er heute womöglich unter den Bahndämmen durch Neu-Esting oder Puchheim-Bahnhof.
Auffallend ist aber eine trapezförmige Struktur zwischen „Kleiner Olchinger See“ und Fischerweg im „Reisch“:
Abbildung 3 Trapezförmige Struktur zwischen Olching und Gröbenzell
Quelle: Google-Earth Aufnahme vom 02.10.2011. Image 2020 Maxar Technologies.
Durch diese Struktur verlief womöglich ein alter Bachlauf vom Scharwerkweg (Puchheim) bis Exterstraße (Gröbenzell). Womöglich war die Struktur also ein alter Roßkasten (Flachsdörre) oder ein Fischweiher.
Literatur
zitierte Literatur
Groß, Jakob. Chronik von Fürstenfeldbruck. Fürstenfeldbruck: J. B. Miller, 1877. https://books.google.de/books?id=qLAtYJIXO-gC&hl=de.
Reinhard Heydenreuter, Wolfgang Pledl, und Konrad Ackermann. Vom Abbrändler zum Zentgraf – Wörterbuch zur Landesgeschichte und Heimatforschung in Bayern. München: Volk Verlag, 2009.
Reitzenstein, Wolf-Armin. Lexikon bayerischer Ortsnamen: Herkunft und Bedeutung ; Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz. München: Beck, 2006.
Scheidel, Joseph. „Altstraßen im Raume von Dachau und Fürstenfeldbruck“. Amperland 1 (1965): 51–55.
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Groß, Chronik von Fürstenfeldbruck. ↑
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Scheidel, „Altstraßen im Raume von Dachau und Fürstenfeldbruck“. ↑
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zitiert nach Groß, Chronik von Fürstenfeldbruck, 36. ↑
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Groß, 140. ↑
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Groß, 36. ↑
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Groß, 140. ↑
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Groß, 141. ↑
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Groß, 36, 144. ↑
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Groß, 36, 141. schreibt „Pastberg“ – was aber bei allen gleichnamigen Orten Bayerns die alte Schreibweise von „Parsberg“ zu sein scheint. Siehe auch Reitzenstein, Lexikon bayerischer Ortsnamen, 204. ↑
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eine kleine Zollstation an einer Nebenhandelsroute (Reinhard Heydenreuter, Pledl, und Ackermann, Vom Abbrändler zum Zentgraf – Wörterbuch zur Landesgeschichte und Heimatforschung in Bayern.) ↑
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Groß, Chronik von Fürstenfeldbruck, 13, 143. ↑
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Groß, 97. An dieser Zollstation war Jakob Groß selbst beschäftigt. ↑
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Groß, 42. ↑
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Groß, 50, 142. ↑
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Groß, 75, 101, 143. ↑
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Groß, 127. ↑
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Groß, 142. ↑
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Groß, 141. ↑
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An St. Laurentius am 10.08. Den Viehmarkt gibt es vermutlich seit 955. 1158 wurde die Salzstraße durch Keferloh verlegt, was dem Markt sicher zusätzlichem Zulauf bescherte. Anfang des 19 Jhr. kamen angeblich 30.000 Besucher. Es wurden auch da noch Herden von Vieh und tausende Pferde gehandelt. ↑
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Groß, Chronik von Fürstenfeldbruck, 141. ↑
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Groß, 140. ↑