Brief und Siegel

Im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in der Ludwigstraße 14 kann man noch bis 20.11.20 eine empfehlenswerte Ausstellung besichtigen: “Brief und Siegel – Glaubwürdigkeit und Rechtskraft, gestern und heute”. Sie ist kostenlos, erstaunlich groß und gut gemacht. Man sieht sehr viele Urkunden (einige sehr sehr alt), bei denen die Hintergründe wirklich gut erklärt werden. Es gibt auch einen Katalog für sehr faire 16 € (ISBN 978-3-938831-93-9) – der auch deshalb wertvoll ist, weil man bei dem papierschonenden Schummerlicht in der Ausstellung nicht immer alle Details erkennen kann. Zudem sind die erklärenden Texte im Katalog um ein Vielfaches ausführlicher, als in der Ausstellung.

Eines der Exponate könnte uns auch Wege bei der Altwegesuche weisen:

  • Exponat 1.8b zeigt die Zeichnung (von 1567) eines vom Gericht bestellten und vereidigten Malers in einer Grundstücksfrage. Das Reichskammergericht setzte für den Gerichtsfall eine Kommision ein, die alle Zeugenbefragungsprotokolle etc. in eine Schriftrolle (Rotulus) eintrug. Zusätzlich forderte man eine Zeichnung an. Solche Zeichnungen waren für die Richter und ihre Assesoren wichtig, da der strittige Ort und der Gerichtsort [im Jahr 1567 war das wohl Speyer] weit auseinander lagen. Daher wurden sie oft vom Reichskammergericht angeordnet. In die gezeigte Karte wurden akribisch alle Häuser und Wege in Schrägansicht eingezeichnet (sicherlich ein Schatz für die Altwegeforscher in Gersfeld in der Rhön). Gelandet ist die Zeichnung am Ende in der Plansammlung 2645 des Bayerischen Hauptstaatsarchivs.
    [Gerichtsverfahren waren anfangs zwingend öffentlich. Ab Anfang des 14. Jahrhunderts kamen auch nicht-öffentlich tagende Gerichte (in camera) hinzu, aus denen ab 1495 das Kammergericht entstand. Zuständig war es für den „Landfrieden“, also z. B. Grundstücksstreitigkeiten zwischen Städten. Zudem agierte als zweite Instanz zur Überprüfung von Urteilen.]
    Fazit für die Altwegesuche: Im Hauptstaatsarchiv liegen von einzelnen Orten Karten mit Wegen, die deutlich älter sind, als der Beginn der klassischen Kartographie.
  • Exponate 2.37x zeigen, wie sich unser Grundbuch entwickelt hat. Anfangs bedeutete der Verkauf eines Hofes eine aufwändige Rennerei erst zum Rentamt (heute zum Finanzamt) und dann zum Gericht. Der Wandel dieser Abläufe wird akribisch aufzeigt.
    Wer heimatkundlich unterwegs ist, für den sind solche Hofüberschreibungen teilweise ganz bedeutsam. Mit den Beschreibungen aus der Ausstellung blickt man dann womöglich etwas mehr durch.
    Fazit für die Altwegesuche: Da Höfe meist komplett übergeben wurden, hatten solche Verkäufe fast nie Einfluß auf die Feldgrenzen, Wegerechte und Wege. Dem Altweg ist es sozusagen egal, wem die Felder links und rechts von ihm gehören.
  • Exponate 2.38x zeigen eine besondere Karte: Zum Salzbergbau am Dürrnberg bei Berchtesgaden. Die Grundrißblätter der unterirdischen Stollen werden seit 1928 fortgeschrieben, zuletzt 2017. Eigentlich ein Kuriosum in der heutigen Zeit (wobei seit 2012 zusätzlich digitale Karten archiviert werden).
    Fazit für die Altwegesuche: Für Altwege helfen solche Karten nichts. Sie sind nur ein Schmankerl für Kartenliebhaber.

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