Altwegeerfassung in Franken und der Schweiz

Andreas hat einen interessanten Artikel besorgt:

Thomas Büttner, Johanna Kemmler: Wege als Lebensadern einer Kulturlandschaft; in \”Schönere Heimat\”, Heft 2, 2020, 109. Jahrgang; Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e. V.

Der Artikel ist aus drei Gründen interessant:

  • Einige interessante, allgemeine Informationen zu Altwegen werden vermittelt.
  • Ein Projekt in zur Erfassung von Altwegen in Nordbayern wird vorgestellt.
  • Die Erfassung von Altwegen in der Schweiz wird vorgestellt.

Jeden dieser Aspekte will ich hier kurz zusammenfassen.

Allgemeine Informationen zu Altwegen

Zu den Altwegen gehören immer auch weitere Relikte ihrer Nutzung, die man miterfassen sollte. Sie tauchen derzeit selten in Denkmalinventaren auf: Wegkreuze, Bildstöcke, Kapellen, Prozessionsaltäre, Grenzsteine, Meilensteine, Furten, Roßtränken, Brücken, Tore, Steinbrüche, Lesesteinwälle, Alte Bäume/Richtungsbäume, Wüstungen (ehemalige Orte) etc.

Wege und ihre Funktionen

Nahverkehr für Fußgänger, Ochsengespanne, Pferdegespanne, Viehtrieb:

  • Dorfwege
  • Gemeindewege

und Fernverkehr

  • Landstraße
  • übergeordnete Verbindungen

verliefen meist strikt voneinander getrennt.\” (Auch uns sind ja schon mehrfach – scheinbar überflüssigerweise – parallel angelegte Wege aufgefallen.)

Im Nahverkehr benötigte man keine Feldwege, da wegen des Flurzwangs/Gemengelage alle Dorfbewohner eine große Fläche immer gleichzeitig bewirtschafteten (obwohl es durchaus in der Fläche private Parzellen gab). Erst nach der Gemeindegrundverteilung (rund um 1800) und der Aufhebung des Flurzwangs wurden Feldwege nötig.

Die Fußwege bilden immer ein eigenes Wegenetz um die Dörfer herum.

Zumindest in Nordbayern gab es noch Etterwege (Wege entlang der Außengrenze der Felder eines Ortes).

Flurnamen

Diese Wörter in Flurnamen sollten hellhörig machen: Pfad, Trieb, Steig, Leichweg, Fuhre, Weg, Straße.

Flurstücknamen an Altwegen verraten oft auch die damalige Verwendung des Altweges: Renn(flur)weg, Alte Gasse, Judenweg, Hochstraße, Heerweg, Weinstraße, Alter Weg, Gemeiner Weg, Postweg, Ochsenweg, Salzweg, Reichsstraße. [Bei einigen dieser Begriffe müßte man wohl noch forschen, welche konkrete Funktion damit gemeint war.][In dem Artikel \”Historische Wege und ihre Begleitobjekt\” hat Thomas Büttner noch mehr Details zur funktionalen Einteilung geliefert.]

Landschaft und Höhenprofil

Altstraßen [womit der Autor Fernverkehrswege meint, wie er auf Nachfrage mitteilte]

  • zielen meist auf Höhen (Bergkuppe) hin (gerne auch Wasserscheiden) – umgehen aber die steilen Kuppen aber letztlich
  • sind schnurgerade über große Strecken
  • bilden oft Gemeinde- oder Kreisgrenzen
  • kreuzen sich mit anderen Altstraßen oft in Furten/Brücken
  • berühren nur wenige Orte (weil die wegen ihres Wasserbedarfs eher unten in Tälern oder am Fuß der Hänge lagen, während die Altstraßen gerne oben verliefen)
  • durchkreuzen Täler an der kürzesten Stelle [wobei hier der Autor der Begriff \”Altweg\” verwendet, was hier hoffentlich nicht für Nahverkehrswege stehen soll]
  • nehmen Steigungen auch wenn es sehr steil wird
    Das führt dort zu tief eingeschnittenen Hohlwegen, die auch als \”Steigen\” bezeichnet werden. Je länger der Hohlweg genutzt wurde, desto tiefer ist er meist. Aber die Nutzungsdauer kann man deshalb damit trotzdem nicht errechnen.

Altwege [womit der Autor Nahverkehrswege meint]

  • zielen auf markante Felsen, einzeln oder paarweise stehende Bäume (Richtungsbäume)
  • waren mit Steinkreuzen, Marterln, etc. bestückt.
    An Fußwegen und vielbefahrenen Post- und Handelsrouten auch \”Ruhsteine\” ggf. mit \”Ruhbaum\”.

Das LEADER-Kooperationsprojekt \”Erfassung (historischer) Kulturlandschaft\”

In Nordbayern (Mittelfranken, Oberpfalz) gibt es ein recht großangelegtes Projekt zur Erfassung von Altwegen in einem Geo-Informationssystem (GIS) zusammen mit zugehörigen Relikten (Marterln, Bäume, Kapellen etc.) und weiteren historischen Relikten in der Landschaft (Stollen, Brunnen etc.)

Dazu gibt es

Beteiligt sind 8 lokale Gruppen und 3 Regionalentwicklungsvereine [im Landkreis Fürstenfeldbruck gibt es dafür eine Stabsstelle \”Regionalmanagement\” im Landratsamt]. Die lokalen Gruppen sollen aus Ehrenamtlichen, Heimatpflegern, Vereinsvertretern, Archivaren, Wanderführern, Feldgeschworenen und andere Wissensträgern und heimatgeschichtlich Interessierten bestehen [wie die heute tatsächliche Zusammensetzung aussieht, wird auf der Webseite nicht klar].

Das Inventar der historischen Verkehrswege (IVS) in der Schweiz

In der Schweiz werden historische Verkehrswege per Gesetz (Artikel 5 des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG)) erfaßt. Die bislang erfaßten 30.000 km von lokaler, regionaler und nationaler Bedeutung

  • stehen im Bundesinventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS): https://www.ivs.admin.ch/
  • und sind im Schweizer Pendant zum BayernAtlas abfragbar: Dem map.geo.admin
    (wer den BayernAtlas kennt, wird sich da gleich zu hause fühlen: Ganz offensichtlich nutzen beide Anwendungen die selbe Basis-Software)

Bedeutung für Fürstenfeldbruck

Das fränkische Projekt und insbesondere das schweizer Projekt sind sehr viel weiter in der Erfassung von Altwegen, als die Fürstenfeldbrucker Gruppe. Es ist daher natürlich naheliegend sind an den Vorarbeiten dieser Projekte anzulehnen.

[In einem E-Mail teilte Dr. Büttner mit, daß das GIS der \”Historischen Kulturlandschaften\” ab 2021 bayernweit geöffnet und Gruppen, wie die Fürstenfeldbrucker Altwegeforscher, könnten dann einen Zugang erhalten. Das eröffnet natürlich interessante Möglichkeiten.]

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