Schichten und Ihre Datierung

(Artikel von Ulrich Bähr mit Beiträgen von Volker Arnold, Klaus Köppe und Markus Wild)

Datierung von Dämmen

Wir würden gerne wissen, wie alt die Dämme zwischen den „Celtic-Fields“ sind. Lohnt es, einen Schnitt durch einen Damm anzulegen, um 14C-datierbare Holzkohle zu finden?

Keine
Schichtung in Dämmen

Bei unseren bisherigen Sichtungen konnte man in den obersten 20 – 30 cm der Dämme keine Schichtung erkennen. Wir haben also keine „Stratigraphie“. Das muß nicht ausschließen, daß die Dämme über Jahrhunderte Zentimeter um Zentimeter gewachsen sind.

Unter Waldbedeckung verbraunen die Böden, so daß die ggf. vorhandene Dammschichten nach Jahrhunderten von oben bis unten gleich aussehen und unmerklich in das Anstehende übergehen. Solange wir diese Schichtung nicht erkennen können, hilft sie uns nicht. Ununterscheidbare Schichten müssen wir als eine einzige dicke Schicht behandeln.

Abbildung 1 Keine Schichtung in Damm der “Celtic-Fields” bei Aich-Ziegelhütte

Verbraunen

Ursprünglich hatte der Boden die Farbe des mineralischen Ausgangsgesteins. Über die Zeit verwitterte dieser Boden aber chemisch:

  • Feinkorn wird entkalkt. Bis hinunter zur Basis enthält der Boden dann kein Karbonat mehr: Wenn wir Säure auf die Braunerde träufeln, schäumt somit nichts mehr. Der helle Kalk verschwindet also aus der Farbpalette und es bleiben die dunkleren Töne. Grobe Kalkbrocken und Kalkkiesel bleiben aber erhalten.
  • Witterungsempfindliche Minerale werden in Tonminerale umgewandelt. Ungebrannter Ton hat bekanntlich eine gelbliche, ockerfarbene bis rotbraune Farbe.
  • Eisen oxidiert und liefert Rosttöne.

Daher ist unser Boden (im B-Horizont) heute größenteils dunkelbraun. Dieses Braun kommt also nicht vom Humus, der in den Boden eingesickert ist.

Humusbildung

Wenn der Boden eine Pflanzendecke aufweist, bilden die abgestorbenen Pflanzenteile einen L- bzw. O-Horizont. Das ist die lockere, komposthaufen-artige Mulmschicht, die man mit bloßen Händen leicht durchwühlen kann. Dort entsteht durch mikrobielle und chemische Zersetzung von toten Pflanzen schwarzbrauner Humus. Die dabei entstehenden Huminsäuren sickern in die darunterliegende Schicht (ursprünglich der Braunerde-B-Horizont) und färben sie dunkelbraun (das ist die Humusanreicherung). Humus ist quasi ein dunkelbrauner Flüssigdünger. Würmer und anderes Getier mischen den Humus zusätzlich in die Tiefe (Bioturbation). Der obere Teil des B-Horizonts verwandelt sich so zu einem ein A-Horizont. Da dieser A-Horizont durch Anreicherung mit Humus entsteht, heißt er Ah-Horizont. Er ist in unseren Wäldern i.d.R. nicht mächtiger als 10 cm.

Tatsächlich reichert sich so mehr als 15 % organische Masse in diesem Ah-Horizont an – ohne daß dieser Horizont dadurch in die Höhe wächst.

Überschütteter Ah-Horizont

Was wir in einem aktiven Ah-Horizont sehen, steht in einem Gleichgewicht von Auf- und Abbau.

Wird nun ein Humushorizont z. B. von künstlichen Randwällen überschüttet und damit die Neubildung unterbunden, baut sich im Wall auch der Humus langsam oder gar nicht mehr ab, da er den biologischen Prozessen weitgehend entzogen ist. Dort erkennt man den fossilen (auch vorgeschichtlichen) Ah-Horizont noch ganz gut.

Es gibt dann also unten einen älteren fossilen, verbraunten Ah-Horizont und weiter oben einen weiteren aktiven Ah-Horizont, der aus der Pflanzendecke gespeist wird. Man kann sich bei Waldstandorten (sofern sie nach der Ackernutzung immer Wald geblieben sind) zunutze machen, dass sich dort nur maximal 10 cm mächtige humushaltige Ah-Horizonte bilden. Eine frühe Ackertätigkeit würde durch tiefer reichende Humusreste auffallen. Diese sind zwar schon deutlich abgebaut, aber mit gutem Auge noch erkennbar, da sich gräuliche Reste und die Gefügemerkmale meist erhalten, sofern kein Windwurf oder Makrofauna alles durcheinander gebracht hat.

Boden wächst nach unten

Naiv würde man annehmen: Laub fällt über Jahrtausende auf den Boden, vermodert dort zu Kompost und es bildet sich Humus. So wächst der Boden langsam in die Höhe.

So ist das aber nicht. Unsere Böden wachsen nicht in die Höhe, sondern nur in die Tiefe.

Zunehmend verwittert ganz unten das Gestein aus dem C-Horizont zum B-Horizont, in den die Wurzeln eindringen können. So wächst der Boden nach unten. Diese chemisch-mechanische Bodenbildung (z. B. Verbraunung) der Böden kann bei alten Böden tatsächlich sehr tief gehen: Böden der letzten Warmzeit wurden durch Verbraunung bis über 10 m tief verlehmt und braun verfärbt( siehe z. B. Kiesgruben in Längenmoos und Althegnenberg). Dies schafft aber keinen neuen Boden, sondern unter Umständen einen guten Wasserspeicher für die Pflanzenwelt. 

Obenauf liegt eine Schicht L-, O-Horizonte, in der die Biomasse zersetzt wird. Die dabei entstehenden Huminsäuren sickern in die darunterliegende Schicht (A-Horizont) und färben sie dunkelbraun (das ist die Humusanreicherung). Der Humus ist quasi ein dunkelbrauner Flüssigdünger. Die oberste Schicht L-, O-Horizonte bleibt dabei immer konstant gleich dick: Von oben fällt Laub auf sie, während gleichzeitig ältere Laubreste verflüssigt werden und wegsickern.

Abbildung 2 Bodenhorizonte (Wikimedia, Tomáš Kebert & umimeto.org, CC BY-SA 4.0)

Exkurs: Waldboden ist kein CO2-Speicher

Entgegen der landläufigen Ansicht ist der Waldboden keine maßgebliche Kohlenstoffsenke. Die Humusschicht (Ah-Horizont) ist im Wald eher unbedeutend und fällt unter Fichte gerne komplett aus. Auf dem Ah-Horizont liegen jedoch – je nach Boden, Nässe und Baumart – 2 bis 15 cm Streu, Mull oder Rohhumus. Dieser speichert Wasser und Kleingetier und bildet einen kleinen Kohlenstoffvorrat. Auch die Streuschicht liegt im Gleichgewicht von Zuwachs und Abbau. Ein Wachstum nach oben und Kohlenstoffspeicherung haben wir nur bei starker Feuchtigkeit, wo sich Pflanzenreste nicht (gleich) in Humus umwandeln, sondern Torf bilden, vor allem wenn darauf auch noch Torfmoose wachsen. Das geschieht mit und ohne Wald, sofern man Entwässerungsmaßnahmen unterbindet.

Nur wenn Wald auf Wiesen und Äckern neu gepflanzt wird, wird während der Aufwachszeit zusätzliches CO2 in den Stämmen gebunden.

„Celtic-Fields“-Wälle und Bodenschichten

Wir können uns den Vorgang schematisch so vorstellen:

Anfangs gibt es eine offene Ackerfläche und es bildet sich dabei – wie auch immer – ein Wall am Feldrand.

Als das Feld aufgegeben wird (fiktiv um 500 v. Chr.) wächst Wald auf der Fläche und es bildet sich eine Schicht H-, L-, O-Horizonte aus vermoderndem Laub. Ein paar Hundert Jahre später (fiktiv im Jahr 1 n. Chr.) hat sich der oberste A-Horizont schon dunkel gefärbt.

Bis heute haben die Huminsäuren den A- und B-Horizont schon ganz durchgefärbt und wir sehen – falls es je eine Schichtung gab – heute nur noch homogene dunkelbraune Erde.

Gegrabene Dämme
datieren

Wir wissen nicht, wie die Dämme zwischen den „Celtic-Fields“ entstanden sind. Eine Möglichkeit ist: Zu einem bestimmten Zeitpunkt wurde Material vom Acker bewußt zu einem Damm geschaufelt.

Abbildung 3 Modellhafte Entstehung eines Dammes

In diesem Beispiel wurde 1870 zusammen mit dem Mist eine Taschenuhr auf dem Acker verteilt. 1935 wurde zusammen mit dem Mist eine Spielzeug-Mickey-Mouse auf dem Acker verteilt. 2023 wurde dann Material vom Acker (zusammen mit Taschenuhr und Mickey-Mouse) zu einem Wall zusammengeschoben. Der Wall ist dann ungeschichtet und enthält diverse Artefakte, die bis zu diesem Moment auf dem Acker verteilt waren.

Wenn wir anschließend einen Schnitt durch den Wall anlegen und dabei die Taschenuhr und die Mickey-Mouse finden und datieren, dann können wir sicher sagen:

Der Wall wurde frühestens 1935 angelegt. Früher geht nicht, denn vor 1935 hätte es die Mickey-Mouse noch nicht gegeben (die Taschenuhr aber schon). Er kann auch sehr viel jünger sein. Nur das jüngste Objekt hat eine Aussagekraft und es besagt lediglich, daß der Damm jünger ist. Dieses jüngste Objekt (hier die Mickey-Mouse) ist der „Terminus post quem“ (TPQ).

Wenn man also zwei Holzkohlenstücke findet in einem Damm: Eines von 1.500 – 800 v. Chr. und eines von 3.500 – 3.000 v. Chr. Dann muß der Damm nach 800 v. Chr. angelegt worden sein. Er kann aber auch erst unter Karl dem Großen, Ludwig II. oder Franz Joseph Strauß angelegt worden sein. Mehr kann man dann nicht sagen.

Holzkohle finden

Jedes Jahr frieren die obersten 20 cm des Bodens zu. Die Eiskristalle zermalmen dabei Holzkohlenreste und magere, schlecht gebrannte Keramik im Boden zu Staub. Die Holzkohle selbst ist zwar über Jahrhunderte stabil, die Bröckchen werden nur kleiner. Der Frost bringt Luftsauerstoff in den Untergrund, was Bodenleben ermöglicht und Metalle oxidiert. Das beginnt schon, als die Erde noch offen dalag während der Bewirtschaftung. Wir müssen also unterhalb der Schicht der H-, L-, O-Horizonte weitere 20 cm abtragen, in denen wir ganz bestimmt keine brauchbaren Holzkohlereste finden werden.

Allerdings wurden im Landkreis Fürstenfeldbruck auch schon manche jungstein- oder bronzezeitliche Scherbe im Ah-Horizont gefunden, der im Winter durchfriert.

Wenn wir davon ausgehen, daß die Holzkohle mit der Asche vom Herdfeuer über den ganzen Acker verteilt wurde, dann interessiert uns für die Datierung eigentlich die gesamte Fläche. Aber unter den Dämmen war die Holzkohle besser vor dem Frost geschützt. Deshalb haben wir unter den Dämmen die beste Chance alte Holzkohle zu finden und daher möchten wir nur unter den Dämmen mehr als 20 cm in den A-Horizont graben und dort Proben entnehmen.

Abbildung 4 Frostzone dunkelblau.

Holzkohle
datieren

Eine Eiche kann sehr alt und dick werden.

Abbildung 5 Eichenstamm in Eichenwald

Wenn der Blitz einschlägt und die Eiche verbrennt, dann bleibt üblicherweise nur das verkohlte Kernholz als datierbare Holzkohle übrig. Und das kann 600 Jahre älter sein, als das Brandereignis. Holzkohle zu datieren ist also notgedrungen ungenau. Bei Knochen ist dieser Effekt geringer – aber rund um München findet man selten Knochen.

Durch die Bioturbation tragen Lebewesen, wie Würmer, modernen Humus bis zu 30 cm in die Tiefe, wo er sich an ältere Holzkohle in tieferen Schichten anhaftet. Auch das ist ein Grund, warum man die oberste Schicht bei der Suche nach datierbarer Holzkohle beiseite schieben sollte. Die von Lebewesen durchwühlte Schicht fällt i.d.R. mit dem humushaltigen Mineralboden zusammen („Ah-Horizont“) – also ganz oben unterhalb des modrigen H-/L-/O-Horizonts. Gäbe es nicht auch noch das Frostproblem, würde die Bioturbation alleine nur das Abräumen der obersten 10 cm erfordern.

Holzkohlen­quellen

Abbildung 6 Feuerstelle in keltischem Haus

In Laubwäldern kommt es selten zu Waldbränden durch Blitze.

Die meiste auf den Äckern verteilte Holzkohle dürfte vom Küchenfeuer stammen. Asche (in der immer etwas Holzkohle ist) ist ein passabler Dünger und wurde oft auf den Acker gefahren. Es ist natürlich nur eine Hypothese, daß dies auch die Erschaffer der „Celtic-Fields“-Strukturen taten.

Holzkohle entsteht bei einer bestimmten hochproduktiven Form des Ackerbaus auch künstlich: „Waldfeldbau“[1].

  1. https://steinzeitbier.wordpress.com/2016/11/06/manfred-roesch-marion-heumueller-vom-korn-der-fruehen-jahre/

1 Kommentar zu „Schichten und Ihre Datierung“

  1. Gute, verständliche Darstellung! Ein Nachtrag zur Holzkohle: C14-Datierungen von Holzkohle sind ja keine echten Daten, sondern Wahrscheinlichkeitsbereiche, die immer einer Kalibrierung bedürfen. Der Wahrscheinlickeitsbereich ist abhängig von der jeweiligen Form der Kalibrierungskurve sehr unterschiedlich, gerade in dem von uns erwarteten Zeitfenster gibt es das gefürchtete sogenannte “Hallstatt-Plateau”, ein Zeitraum von mehreren Jahrhunderten, in denen C14-Daten weitgehend gleich ausfallen. Und: man ist ja froh, wenn überhaupt Holzkohle in den Randwällen auftaucht. Aber gegenüber undefinierbarer Holzkohle sind natürlich solche von kurzlebigen Pflanzen/Pflanzenteilen zu Datierungzwecken vorzuziehen: Birken- und Haselholzkohle ist eher geeignet als Eichenholzkohle, noch besser sind kleine verkohlte Äste oder verkohlte Samen (Getreide, Nuss-Schalen). Die sind zugegebenermaßen nur mit viel Glück zu finden. Glück bedeutet natürlich auch Glück der Tüchtigen: Ohne gründliches Sieben und gründliches Durchschauen des Siebguts wird man nie entsprechend fündig! Trotzdem muss man immer mit Fehldatierungen rechnen, da z. B. Holzkohle von ganz oben durch wühlende Tiere wie Mäuse oder Regenwürmer nach unten gelangen können (Bioturbation). Übrigens: die Wahrscheinlichkeit, gerade das Kernholz einer 600jährigen Eiche gefunden zu haben, ist statistisch gesehen sehr gering. Und Knochen ist nicht grundsärtzlich besser für Datierungen geeignet, das das Tier oder der Mensch mit kalkhaltigem Trinkwasser “zu alten” Kohlenstoff aufgenommen und in seine Knochen eingebaut haben könnte, der sog. Hartwassereffekt, der die Daten zu alt macht.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner