Liquidationsprotokolle anschauen

Jeder Acker hatte früher einen Namen. Einige davon können interessate Informationen liefern über Altwege, Gerichtsstätten etc. Doch wie kommt man an diese alten Namen heran? Das steht hier:

(Artikel von Ulrich Bähr)

Zusammen­fassung

Ab 1820 wurden Listen mit den Namen aller Äcker und Wiesen erstellt. Sie sind heute eine wertvolle Quelle für die Heimatforschung. Hier wird gezeigt, wie man an sie herankommt.

Liquidierungsprotokolle und -karten

Kataster

Der Bayerische Staat wollte eine Grundsteuer einführen. Dazu wurden alle Grundstücke Bayerns vermessen und bewertet.

Ab 1820 nutzte die Steuerkataster-Kommission die Daten des Dreiecksnetzes der topographischen Karten. 1851 bis 1863 musste fast ganz Oberbayern neu vermessen werden in der „Renovationsvermessung“.

1868 war die Erfassung aller Grundstücke abgeschlossen. Damit war die Erstvermessung Bayerns sowohl auf Grundstücksebene, als auch als topographischer Atlas fast gleichzeitig abgeschlossen.

Mit der Abschaffung der Grundherrschaft und der Vermessung einzelner Flächen war es den Bauern nun auch möglich einzelne Äcker ihres Hofes zu verkaufen.

Der Status Quo wurde nur mangelhaft erhalten. Erst 1868 wurden Feldgeschworene in Altbayern eingeführt, die die Grenzlinien sichern sollten. Doch erst 1900 wurden Grenzsteine vorgeschrieben.

Liquidierung

Liquidierung bedeutete, daß bei jedem Acker und jeder Wiese dokumentiert wurde, wer der Besitzer des Grundstücks ist und mit welchen Grundlasten es belegt ist.[1] 1848 wurde die adelige Grundherrschaft abgeschafft und man hat diese Erfassung nicht mehr benötigt.

Aus dieser Zeit ab 1820 stammen die Liquidierungsprotokolle und Liquidierungskarten (auf denen Feldnummern festgelegt wurden).

Liquidierungsprotokoll

Die Liquidierungsprotokolle enthalten

  • Grundbesitz
  • Flächeninhalt
  • Bodenklasse
  • Verhältniszahl
  • Steuersimplum
  • Besitztitel

Insbesondere wird dort für jeden Acker und jede Wiese ihr Name genannt.

Flurname und Ackername

Eine Flur umfasst mehrere Grundstücke diverser Eigentümer. Flure entsprechen oft den im Mittelalter unter Flurzwang gemeinsam und einheitlich bepflanzten Flächen. Ein Dorf besitzt meist mindestens drei und selten mehr als 10 Fluren. Typische Flurnamen sind „Sommerfeld“, „Winterfeld“ etc.

Äcker und Wiesen gibt es demnach deutlich mehr.

Sowohl Flure, als auch Äcker und Wiesen hatten Namen. Ein Bauer musste seinem Knecht ja deutlich machen, welchen Acker er heute zu pflügen habe.

In diesen Acker- und Wiesennamen stecken teilweise Hinweise auf historische Umstände: Auf Galgen in der Nähe, auf Altwege, etc.

Da die Ackernamen heute meist unbekannt sind und eigentlich nur im Liquidierungsprotokoll erfasst wurden, sind die Liquidierungsprotokolle wertvolle Quellen für die Heimatforschung.

Beispiel

Von einem Hof in Ebersried hat sich in der Familie eine Kopie eines Liquidierungsprotokolls erhalten:

Die dort genannten Äcker heißen unter anderem:

  • Markau aker (hier bestand also irgendeine Grenze)
  • Meister aker
  • Kiesaker (diese Fläche war kiesig, was geologisch interessant ist)
  • Hollerstauden aker
  • Galgen: Wiese (vermutlich lag früher eine Abgabe zum Galgenunterhalt auf dieser Wiese)
  • Galgen Aker
  • kl. Galgen: Aker
  • Laimzellbraiten
  • kl. äkerl
  • Jauchert Aker
  • Schreianger Aker (der Begriff „Schreianger“ hängt vermutlich mit den „Schreimännern“ zusammen, wie man früher die Zeugen in einem Gericht („Schranne“) nannte.
  • Schreianger Wiese
Liquidiations­protokolle einsehen

Die Liquidationsprotokolle liegen heute in den 51 lokalen Vermessungsämtern und ihren 22 Außenstellen.

Wenn Sie das Liquidationsprotokoll eines Ortes interessiert, dann müssen zuerst das zuständige Amt ermitteln. Auf https://www.ldbv.bayern.de/ finden Sie eine „Ämtersuche“, mit der Sie über die Postleitzahl das zuständige Amt finden.

Für 82296 Schöngeising ist das zum Beispiel „Dachau mit Außenstelle Fürstenfeldbruck“. In diesem Fall ist Herr Steffan dafür zuständig, den Sie über poststelle-ffb@adbv-dah.bayern.de erreichen können.

Jedes Amt geht mit solchen Anfragen anders um. Einige verlangen keine Gebühren, andere sehr hohe. Das ist erstaunlich, da es eigentlich eine Gebührenordnung für alle Ämter gibt. „Dachau/Fürstenfeldbruck“ verlangt z. B. (nach bisherigem Verhandlungsstand) sehr hohe Gebühren:

Schon die Voranfrage, welche Kosten entstehen werden, kostet in Fürstenfeldbruck 25 €. Anschließend sucht der Zuständige die Akten im Archiv und verlangt 50 €/Stunde für die Suche. Wie lange so eine Suche dauert, darüber gibt es noch keine Erfahrungswerte. Vermutlich kommen dann noch Kopierkosten hinzu, die bislang nicht benannt wurden.

Man sollte aber mit den Zuständigen persönlich sprechen. Denn eigentlich möchte das „Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung“ (LDBV) Daten für kulturelle Zwecke, wie Heimatforschung, kostenfrei herausgeben.

Literatur

Seeberger, Max, und Frank Holl. Wie Bayern vermessen wurde. Hefte zur bayerischen Geschichte und Kultur, Bd. 26. Augsburg: Haus der Bayerischen Geschichte, 2001.

  1. Max Seeberger und Frank Holl, Wie Bayern vermessen wurde, Hefte zur bayerischen Geschichte und Kultur, Bd. 26 (Augsburg: Haus der Bayerischen Geschichte, 2001), 52.

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